Die Komplexität in den Griff kriegen

Reifes Produkt oder bloße Theorie?

In der Gartner-Analyse „Hype-Cycle for Enterprise Networking 2021“ haben die Analysten noch ernste Zweifel an den Netzwerklösungen geäußert, die sich mit dem IBN-Label schmückten. Nüchtern stellten sie fest, dass „alle vorhandenen Produkte der verschiedenen Hersteller die volle Kapazität von IBN nicht erreichen“. Unsere Gespräche mit den Netzwerkfirmen zeigten allerdings auch deutlich, dass nicht unbedingt Einigkeit darüber herrscht, was IBN alles beinhaltet und wie eine entsprechende Umsetzung in „echte Produkte“ auszusehen hat.
Ein Thema, das auch die Netzwerkspezialisten der Bechtle-Systemhäuser beschäftigt. Sie bezeichnen auf ihrer Webseite Intent-based Networking als „weitere Evolutionsstufe von Software-defined Networking“ – und setzen vielfach auf die Lösungen von Cisco. Deren Head of Enterprise Networking Architecture Falko Binder bestätigte com! professional gegenüber, das entsprechende Lösungen von Cisco direkt auf einen SDN-Ansatz aufsetzen.
In eine ähnliche Richtung geht die Einschätzung von VMware-Mann Paul Dul. Bei VMware sehe man IBN eher als Weiterentwicklung von SDN. SDN sei aber die Basis für das „höhere Maß an Intelligenz“, mit der sich definieren lasse, welche Aufgaben automatisiert werden sollten.
Eine Lösung, die als Werkzeug für Intent-based Networking fungiert, wird unter anderem schon von der Software-Firma IP Fabric angeboten.
(Quelle: IP Fabric)
Etwas anders verhält es sich bei den Produkten von Juniper: Der Netzwerkausrüster hat Anfang 2021 mit Apstra ein Silicon-Valley-Start-up übernommen, das von Experten zu den Pionieren in den Bereichen Automatisierung und Intent-based Networking gerechnet wird. So haben die Entwickler dieses Unternehmens ein absichtsbasiertes verteiltes Betriebssystem namens AOS (Apstra Operating System) entwickelt und bereitgestellt. Es soll nach Aussagen des Unternehmens durch entsprechende Algorithmen, basierend auf einer Reihe von Informationen oder Antworten, ein logisches Modell für ein bestehendes Netzwerk erstellen können.
Juniper/Apstra verspricht, dass das Design dazu in der Lage ist, die Implementierung und den Betrieb des Netzwerks vollständig von der physischen (Underlay) und virtuellen (Overlay) Netzwerkinfrastruktur zu trennen. Dabei soll es auch mit vorhandener Hardware wie Switches von Cisco, Juniper oder Arista oder auch sogenannten White-Box-Switches, auf denen das Open-Source-Netzwerkbetriebssystem (NOS) zum Einsatz kommt, zusammenarbeiten können. Eine Fähigkeit, die laut allen Entwürfen und Vorschlägen für ein IBN-System besonders wichtig ist, da das System mit der existierenden Netzwerk­infrastruktur in den Unternehmen zusammenarbeiten muss.
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