Geteilte Reaktionen auf europäische Cloud-Infrastruktur

Kosten? Budget? Fördermittel?

von - 03.12.2019
Titel der Broschüre
Diese Broschüre skizziert die Pläne Gaia-X.
(Quelle: BMWI, Broschüre "Das Projekt Gaia-X" )
Zu den Kosten, zum Budget und zu den Fördermitteln äußert sich das BMWI auf Anfrage nicht. Das Projekt solle aber hauptsächlich von der Wirtschaft getragen werden, teilt das Wirtschaftsministerium mit. Angaben zu den voraussichtlichen Startkosten könnten derzeit noch nicht gemacht werden. Geklärt werden müsse auch noch, wie hoch die laufenden Kosten für Gaia-X sein werden, wie mögliche Gebühren- oder Geschäftsmodelle aussehen und ab wann sich Gaia-X finanziell selbst tragen soll.
Mit Hinweis auf die Haushaltsverhandlungen im Parlament sagt das BMWI auch nichts dazu, welches Budget es für Gaia-X eingeplant hat oder ob Unternehmen und Verbände Fördermittel für Gaia-X beantragen können.

Wie ist der Zeitplan? Wann soll es losgehen?

Die Organisation soll im Frühjahr 2020 gegründet werden. Im zweiten Quartal 2020 sollen erste Tests des technischen Konzepts erfolgen (Proof of Concept). Ende des Jahres 2020 soll bereits der Live-Betrieb mit ersten Anwendern und Anbietern beginnen.

Das Bundeswirtschaftsministerium erklärt, dass das Interesse an Gaia-X aus Industrie und Wirtschaft groß sei. Nach der Veröffentlichung hätten viele Unternehmen Interesse an einer Mitarbeit bekundet. Nun sollen weitere Partner in Europa gewonnen werden. Frankreich und Deutschland wollen den Aufbau einer europäischen, sicheren Dateninfrastruktur gemeinsam vorantreiben und die Ergebnisse der Zusammenarbeit im Frühjahr 2020 vorstellen. Bundes­wirtschaftsminister Peter Altmaier will gemeinsam mit der französischen Regierung  die Einzelheiten des Projekts besprechen und dann an Regierungen und Unternehmen in anderen europäischen Ländern herantreten, damit sie sich ebenfalls beteiligen. "Diese Infrastruktur wird dazu beitragen, dass wir unsere digitale Souveränität wiederherstellen“, ist der Bundesminister überzeugt.

Gemischte Reaktionen in der Branche

Doch es gibt auch lebhafte Kritik an Gaia-X. Bemängelt wird, dass das Konzept noch sehr schwammig sei. Stefan Ried, Principal Analyst und Practice Lead IoT beim Beratungsunternehmen Crisp Research, einem Teil der Cloudflight-Unternehmensgruppe, befürchtet, dass Gaia-X ein Flop zu werden drohe.
Die drei Hyper­scaler Amazon Web Services, Microsoft Azure und Google Cloud Platform hätten heute schon so einen großen Vorsprung, dass es wenig sinnvoll sei, gegen sie in den Wettbewerb zu treten (die ausführlichen kritischen Einwände im ausführlichen Kommentar von Stefan Ried).
Er ist der Ansicht, dass Gaia-X nicht ­lokale, kleine Rechenzentren unterstützen sollte, weil das unwirtschaftlich sei. "Grundsätzlich sprechen die Gaia-X-Macher viel zu wenig mit den Cloud-Experten der Branche", kritisiert Ried von Crisp Research. Er bemängelt zudem, dass man bei Gaia-X "nichts aus den Deutschland-Cloud-Flops gelernt" habe. Kunden seien offenbar nicht bereit, für den Schutz ihrer Daten nach europäischem Recht mehr zu bezahlen.
Hintergrund: Microsoft hatte Ende 2015 das Modell einer Deutschland-Cloud vorgestellt. Im August 2018 hatte Microsoft in einem Blog-Post mitgeteilt, die Microsoft Cloud Deutschland einzustellen.
Nico Lumma, Managing Partner des Next Media Accelerators in Hamburg, kommentiert auf Gründerszene.de, dass eine europäische Cloud eine Kopfgeburt sei, die nicht überleben werde. Er erinnert an das Projekt "Theseus“, das im Dezember 2006 beim ersten deutschen IT-Gipfel als semantische Suchmaschine angekündigt worden war. Es seien viele Fördergelder geflossen, um eine europäische Antwort auf Google an den Start zu bringen - jedoch mit wenig Erfolg. Gaia-X werde es ähnlich ergehen, lautet seine Prognose: "Auf dem nächsten ­Digitalgipfel der Bundesregierung werden wir von zwei, drei Umsetzungen aus der Praxis erfahren, von denen noch niemand gehört hat und die für die beteiligten Unternehmen kaum relevant sind. Danach wird Gaia-X keine Rolle mehr spielen.“
Verwandte Themen