Die Cloud auf Autopilot fahren

„Das Thema Energie wird immer wichtiger“

von - 22.03.2023
Sebastian Scheele ist CEO und CTO von Kuber­matic, Hersteller der gleichnamigen cloudnativen Automatisierungsplattform. Er erklärt im Interview, wie sich damit Kubernetes- und cloudnative Operationen automatisieren lassen.
com! professional: Erzählen Sie doch mal kurz die Geschichte von Kubermatic.
Sebastian Scheele
CEO von Kubermatic
(Quelle: Kubermatic)
Sebastian Scheele:
Ich bin schon sehr früh mit dem Thema Docker in Berührung gekommen. Eine Herausforderung, die wir damals hatten, bestand darin, wie man das auf mehreren Servern ausrollt. Dann hat Google Kubernetes angekündigt und wir haben uns gedacht, das könnte interessant sein. Wir haben deshalb Meet-ups veranstaltet, um zu sehen, ob es dafür eine Community gibt, und es gab sehr viel Interesse für damalige Verhältnisse. Eine Frage war, wie kann ich Kubernetes – zu der Zeit gab es nur GKE, die Google Kubernetes Engine –, wie kann ich Kubernetes-Cluster einfach managen, ohne dass ich mir alles manuell zusammenbauen muss. Das war extrem. Man musste jede Komponente selbst installieren und es war kompliziert, das Ganze zum Laufen zu bringen. So haben wir angefangen.
com! professional: Hieß Ihr Unternehmen früher nicht mal anders?
Scheele: Docker, Hafen, Kubernetes-Steuermann und als Hamburger Unternehmen sind wir auf das plattdeutsche Loodse gekommen. Wir haben aber nach ein paar Jahren gesehen, dass die Leute mit Kubermatic viel schneller verstehen, was wir eigentlich machen – nämlich Kubernetes-Automation. Besonders die englischsprachigen Leute hatten bei der Aussprache von Loodse Probleme. Jetzt heißt also nicht nur das Produkt Kubermatic, sondern auch das Unternehmen.
com! professional: Welchen Charme hat die Containertechnik, warum ist sie so erfolgreich?
Scheele: Es ist die Standardisierung. Was war die große Hürde, als es Container noch nicht gab? Man musste beim Deployment je nach Applikation unterschiedliche Formate bauen – für Java, für unterschiedliche Linux-Distributionen – und hatte Probleme mit den Abhängigkeiten. Bei Containern habe ich das Standard-Paketierungsformat, in das sich die ganzen Anhängigkeiten reinpacken lassen. Container bieten einen standardisierten Weg, mit dem man von seinem lokalen Rechner über Entwicklungs-Server bis hin zur Produktion überall das Gleiche deployen kann. Und man kann Kubernetes nutzen, eine standardisierte API, um das Ganze zu verwalten.
com! professional: Kubermatic automatisiert also die Container-/Kubernetes-Abläufe über Multi-Cloud, Edge und On-Premises hinweg?
Scheele: Container sind dafür da, Applikationen zu paketieren, Kubernetes dann, um die Applikation auf einen individuellen Cluster zu deployen. Was wir bei Kubermatic als Kernaufgabe ansehen: Wie manage ich mehrere dieser Cluster? Gerade in größeren Unternehmen, wenn man verschiedene Cloud-Umgebungen betreibt, wenn man On-Premises-Umgebungen hat und wenn das Thema Edge wichtiger wird, sind eine Vielzahl von Clustern zu betreiben und zu verwalten. Da einen standardisierten Layer drüberzulegen, um das hochautomatisiert zu machen, das ist unser Thema. Kubernetes auf Autopilot.
com! professional: Wie sieht das Produkt aus?
Scheele: Im Endeffekt bieten wir zwei Sachen an. Auf der einen Seite die Kubermatic-Kubernetes-Plattform, kurz KKP. Sie hilft, die ganzen Cluster zu verwalten, und ist Open Source. Darauf aufbauend haben wir eine Enterprise-Version mit mehr Funktionalitäten, für die wir auch Support bieten. Parallel dazu haben wir KubeOne, das hilft, einzelne Cluster extrem einfach aufzusetzen und zu verwalten. Wir kümmern uns bei beiden Produkten um das Cluster-Lifecycle-Management: installieren, updaten, reparieren. Kunden bekommen die Software-Supply-Chain Out of the Box bis hin zum Betrieb und können sich so auf die Applikationsentwicklung konzentrieren.
com! professional: Sind die Zielgruppe große Unternehmen, die mit Tausenden Containern jonglieren, oder ist das auch für KMUs interessant?
Scheele: KKP eignet sich eher für Unternehmen, die viele Cluster managen, 50, Hunderte oder Tausende. KMUs mit einzelnen Clustern, vielleicht zwei, drei, fünf, für die haben wir KubeOne.
com! professional: Im Zusammenhang mit Kubernetes ist viel von Kubernetes Operators die Rede. Was verstehen Sie darunter?
Scheele: Das sind Tools, die selbst die Kubernetes-Logik nutzen, um Applikationen zu managen. Ein Erfolgsrezept von Kubernetes ist der Control-Loop. Ich habe einen Ist- und einen Soll-Status und vergleiche die ganze Zeit: Ist meine Applikation noch in dem Status, wie ich sie beschrieben habe? Wenn nicht, dann sorgt der Operator dafür, sie wieder in den gewünschten Status zu bekommen.
Operatoren bringen einen großen Mehrwert bei komplexen Applikationen, etwa eine komplette Automatisierung einer Datenbank. Ein entsprechender Operator kümmert sich nicht nur darum, eine Datenbank auszurollen, sondern macht auch automatisch Updates sowie Backup und Recovery. Wir haben uns gefragt, was der beste Weg ist, Kubernetes zu managen, und kamen auf die Idee, Kubernetes zu nutzen, um Kubernetes zu managen. Als wir angefangen haben, gab es das Wort Operator und die ganzen Tools drumherum noch gar nicht.
com! professional: Kubermatic verspricht, den Bedarf an Ressourcen für das Betreiben und Managen von Kubernetes-Clustern um 95 Prozent zu senken. Wie soll das gehen?
Scheele: Das Thema Energie wird immer wichtiger, viele Unternehmen haben das noch nicht auf dem Radar. Mit Cloudnative habe ich die Möglichkeit, die Infrastruktur dynamisch hoch- und runterzuskalieren. Bei vielen Unternehmen fällt der größte Teil der Work­loads zwischen 9 Uhr und 17 Uhr an. Trotzdem läuft die Applikation 24/7 durch. Wenn die Applikation aber so gebaut ist, dass man sie runterskalieren kann, wenn weniger Last anfällt, und wenn man die ganze Infrastruktur runterskalieren kann oder am Wochenende und in der Nacht die Server komplett ausschalten oder für andere Sachen nutzen kann, dann lässt sich eine ganze Menge einsparen.
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