Die Cloud auf Autopilot fahren

Cloud-Automatisierung in Deutschland

von - 22.03.2023
Nachdem die deutschen Unternehmen hinsichtlich der Cloud lange sehr zögerlich agierten, stellt sich die Frage, ob sie bei der Cloud-Automatisierung ähnlich zurückhaltend sind. Ja, meint Matthias Pfützner. In seinen Augen haben viele Unternehmen noch keine durchgängigen und einheitlichen Automatisierungsstrategien entwickelt, teilweise fehle es sogar noch an Cloud-Strategien. „Das heißt, die Technologie für Cloud-Automatisierung ist verfügbar, Unternehmen müssen das Thema jedoch erst als geschäftliche Notwendigkeit erkennen – sowohl im eigenen Rechenzentrum als auch in der Cloud.“
„Die Antwort hängt von der Perspektive und den Prioritäten der Unternehmen ab“, differenziert Peter Gold­brunner. „Wenn wir auf Firmen blicken, die ihre internen Umgebungen, ob im eigenen Rechenzentrum oder bei einem Hoster, nahtlos mit einer oder mehreren Public Clouds verbinden wollen, also das bisherige Nebeneinander zu einem echten Miteinander weiterentwickeln wollen, dann stellen wir ein großes Interesse und einen entsprechend großen Informationsbedarf in Sachen Cloud-Automatisierung fest.“ Das stehe jedoch immer im Zusammenhang mit der Modernisierung der internen Umgebungen in Richtung einer echten Private Cloud unter Nutzung einer HCI-Software (hyper-converged Infrastructure). Je weiter die Unternehmen auf diesem Weg in die hybride Multi-Cloud bereits gekommen seien, desto höher sei auch der Reifegrad beim Thema Cloud-Automatisierung.
Severin Braun betrachtet die Sache aus einem anderen Blickwinkel: „Obwohl Cloud-Automatisierung den derzeit größeren Herausforderungen wie Fachkräftemangel und steigende Kosten direkt entgegenwirken würde, zeigt sich, dass sie insbesondere im deutschen Mittelstand nur zu einem geringen Teil Anwendung findet.“ Häufige Ursachen dafür seien der zum Teil geringe Reifegrad bezüglich der Cloud-Nutzung allgemein und der Einsatz von Legacy-IT und -Software. „Es gibt ein paar Vorreiter, die Cloud-Automatisierung in Kombination mit dem Einsatz von Kubernetes für sich entdeckt haben.“

Cloud-Automatisierung praktisch umsetzen

Zunächst sollte man sich vor Augen führen, wie das Management der IT-Infrastruktur in vielen Unternehmen abläuft: Wenn eine neue Umgebung hochgefahren werden soll, etwa für die Entwicklung eines neuen Features, dann wird zunächst ein Ticket eröffnet. Der IT-Administrator bearbeitet irgendwann das Ticket und stellt dann die Cloud-Ressourcen über die Plattform des Cloud-Providers zur Verfügung. Im Idealfall bekommt er zum Ende des Projekts die Information, dass die Ressourcen nicht mehr benötigt werden, und fährt die Umgebung wieder herunter. Eine Automatisierung an dieser Stelle könnte bewirken, dass die Bereitstellung wesentlich schneller und reibungsloser vonstattengeht und von möglichst vielen IT-Kollegen ausgeführt werden kann – unabhängig von deren Wissensstand.
„Dafür braucht es eine Art Anleitung, die der Cloud vermittelt, was wann und in welchem Umfang benötigt wird“, führt Braun aus. Diese Anleitung kann mit standardisierten Skripts erzeugt werden und es entstehen IT-Bausteine, deren deskriptive Code-Sprachen Blaupausen für die Provisionierung und Konfiguration von IT-Infrastrukturen generieren. Durch die im Code festgelegten Variablen für unterschiedliche Parameter bleiben die Prozesse für die Bereitstellung konsistent und lassen sich beliebig replizieren. Es läuft also im Endeffekt auf die Nutzung von Infra­structure as Code (IaC) hinaus. Entwickler können sich so mit wenigen Klicks eine persönliche, dynamische und autonome Infrastrukturbasis schaffen, da selbst komplexe Cloud-Umgebungen schnell, fehlerfrei und automatisiert per Code gestartet werden können.“
Peter Goldbrunner
Vice President und General Manager Central Europe bei Nutanix
Foto: Nutanix
„Cloud-Orchestrierung bringt die einzelnen automatisierten Schritte und Prozesse in die richtige Reihenfolge.“
Laut Pfützner besteht eine Herausforderung bei der Automatisierung in der Cloud in der Auswahl geeigneter Automatisierungslösungen. Die Auswahlkriterien richten sich danach, was das Unternehmen machen will, da nicht jedes Werkzeug alle Funktionen anbietet und sämtliche Anforderungen abdeckt. „Deshalb ist es wichtig, sich für Werkzeuge zu entscheiden, die sich miteinander kombinieren lassen und die gut zusammenspielen.“

Cloud-Orchestrierung als Voraussetzung

Damit Unternehmen automatisierte cloudbasierte Aufgaben flächendeckend verwalten können, benötigen sie eine Cloud-Orchestrierung. Eine solche Orchestrierung gewährleistet eine automatische Ausführung zusammenhängender Workflows und Prozesse. Diese lassen sich über verschiedene Systeme hinweg koordinieren. Vor allem bei häufig durchgeführten und miteinander verwobenen Prozessen macht sich eine Orchestrierung bezahlt. Voraussetzung ist wiederum die Automatisierung der einzelnen Unterprozesse. Beispiele für Cloud-Orchestrierungsplattformen sind Kubernetes, Docker Swarm und Ansible.
Goldbrunner erklärt es so: „Automatisierung und Orchestrierung hängen sehr eng zusammen. Automatisierung meint die automatisierte Ausführung einzelner Schritte oder ganzer Prozesse, zum Beispiel die automatische Provisionierung von Server- oder Speicherressourcen in der Cloud. Orchestrierung geht in diesem Zusammenhang noch eine Ebene höher und automatisiert die Verkettung einzelner automatisierter Prozesse. Sehr schön zeigt sich das am Beispiel der Ressourcenzuweisung. Für die Nutzung einer Cloud-Anwendung müssen Server-, Speicher- und Datenbankressourcen bereitgestellt, richtig dimensioniert und abhängig von schwankenden Lasten optimal ausbalanciert werden. Außerdem müssen während des Lebenszyklus der Anwendung immer wieder Updates eingespielt werden – sowohl auf der Ebene der Ressourcen als auch der Anwendung. Cloud-Orchestrierung bringt die einzelnen automatisierten Schritte und Prozesse in die richtige Reihenfolge und sorgt für ihr harmonisches Zusammenspiel, wie der Dirigent eines Orchesters, nur automatisch.“
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