Geistiger Diebstahl

SAP erneut mit Copyright-Vorwürfen konfrontiert

von - 11.09.2015
Diebstahlsvorwürfe gegen SAP
Foto: Shutterstock/Maryna Yakovchuk
Ein ehemaliger Mitarbeiter der SAP-Innenrevision packt aus. Der deutsche Software-Konzern soll Quellcode von Oracle, Teradata und IBM geklaut haben.
Der deutsche Software-Konzern SAP soll sich am geistigen Eigentum von Wettbewerbern wie Oracle, IBM und Teradata bedient haben. Die Vorwürfe erhebt ein ehemaliger Mitarbeiter, der in der Innenrevision des Softwarehauses tätig war, schreibt Spiegel Online und beruft sich auf interne SAP-Dokumente und Gerichtsunterlagen. Der SAP-Auditor, ein promovierter Jurist, habe seit Frühjahr 2011 bei SAP gearbeitet und sei seit Dezember 2012 krankgeschrieben.
Mitarbeiter des Software-Herstellers SAP
Mitarbeiter des Software-Herstellers SAP: Das Unternehmen sieht sich mit Vorwürfen konfrontiert, geistiges Eigentum von Wettbewerbern geklaut zu haben.
(Quelle: SAP )
Anwaltlich wird der Ex-Mitarbeiter von seinem Vater, ebenfalls Jurist und Spezialist für geistiges Eigentum, vertreten. Sein Sohn sei von Vorgesetzten aufgefordert worden, in vier seiner Revisionsberichte Tatsachen zu unterdrücken oder als weniger schwerwiegend darzustellen. Bei den Vorwürfen geht es um Software-Klau. SAP soll Sourcecode von Mitbewerbern in seiner In-Memory-Plattform Hana verbaut haben.
Zum Hintergrund: In den letzen Jahren hat der ERP-Weltmarktführer Hana als Plattform für seine gesamte Business-Software-Palette ausgebaut. SAP konkurriert damit mit Firmen wie Oracle, Teradata und auch IBM. Die meisten SAP-ERPs laufen zurzeit immer noch auf Datenbanken von Oracle. Hana ist für SAP also von extrem großer strategischer Bedeutung, und eine Bedrohung für die Konkurrenz.

SAP: keine Belege, keine Verfahren

"Wir haben den Sachverhalt sorgfältig geprüft und haben keine Belege dafür gefunden, dass SAP geistiges Eigentum verletzt hat", sagte Marcus Winkler, im SAP-Hauptsitz in Walldorf verantwortlich für Global Corporate Affairs, zu unserer Schwesterzeitschrift Computerworld. "Als Unternehmen haben wir ein intensives Interesse daran, Mißstände in jeglicher Form aufzudecken und aufzuklären. Wir ermutigen daher jeden Mitarbeiter, sich aktiv einzubringen", erklärt Winkler. Es gebe zurzeit keine Verfahren vonseiten der Unternehmen, gegen deren Copyright SAP verstossen haben soll.
Die beiden Konkurrenten Oracle und SAP lagen sich schon einmal wegen Copyright-Vorwürfen in den Haaren. Der Streit entzündete sich damals an der SAP-Tochter TomorrowNow, einem Service-Dienstleister von Peoplesoft. Beide Unternehmen, TomorrowNow und Peoplesoft, arbeiteten also eng zusammen, was auch den Austausch von Software beinhaltet. Peoplesoft wurde von Oracle akquiriert, SAP übernahm TomorrowNow, prompt kochte der Kessel über. Die Streitigkeiten wegen Software-Klaus legte SAP Ende 2014 bei und zahlte an Oracle 290 Millionen Euro. Bereits Jahre zuvor stellte SAP wegen des befürchteten Imageschadens die akquirierte TomorrowNow ein.

Teradata: gründliche Untersuchung läuft

In den aktuellen Copyright-Querelen wegen Hana sind zurzeit noch keine Verfahren anhängig. Aus Kreisen des SAP-Wettbewerbers Teradata heisse es, man sei gerade dabei, die Angelegenheit gründlich zu untersuchen, schreibt Spiegel Online und spricht von einem "Wirtschaftskrimi" im Hause SAP. Whistleblower oder Aufschneider? Der Anwalt des ehemaligen Innenrevisors, der die Vorwürfe erhebt, verlangte von SAP im Rahmen einer gütlichen Einigung eine Summe von 25 Millionen Euro. Das war 2013, nach der Kündigung des Mitarbeiters.
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