Große Erwartungen an HR & Recruiting

Digitale Tools und Diversität

von - 10.10.2022

Digitale Tools für effizientere Prozesse

Kein Wunder, dass vor diesem Hintergrund viele Unternehmen sich vom Einsatz digitaler Tools mehr Effizienz in den HR-Prozessen versprechen. Ziel: den Workflow so reibungslos und medienbruchfrei wie möglich zu gestalten. Wieland Volkert hat dazu einen klaren Standpunkt: „Am besten ist es, wenn die HR-Prozesse durch KI-Tools oder Robot Process Automation (RPA) unterstützt werden. So lässt sich zum Beispiel der gesamte Prozess vom Eingang der Bewerbung bis hin zur Ablage des Arbeitsvertrags automatisieren – mit Ausnahme des Bewerbungsgesprächs natürlich.“
Höchst kritisch sieht dagegen Christian Diestelkamp den Einsatz KI-gestützter Tools bei der Vorauswahl. Insbesondere bei Systemen, die mit Vergangenheitsdaten trainiert werden, drohe die Gefahr einer Zementierung bestehender Muster. Ein ordentliches Bewerbermanagement-System reiche völlig aus. Bei der Sichtung von Kandidaten für ein Team sollten die Personen dieses Teams mit einbezogen werden.
Anders Kristina Gerwert. Sie plädiert dafür, Bewerbungen im ersten Schritt mit KI-Lösungen automatisch zu analysieren. Das reduziere Beurteilungsfehler und sorge für mehr Effizienz im Recruiting. Aufwendige manuelle Arbeiten seien so schneller erledigt und es würden Kapazitäten frei, etwa für den persönlichen Austausch mit Bewerberinnen und Bewerbern.
Ileana Honigblum
VP Sales &  Managing Director Pegasystems
Foto: Pegasystems
„Upskilling wird von Tag zu Tag relevanter.“
Das führt direkt zum Thema Automatisierung. HR-Software kann heutzutage wiederkehrende Aufgaben im Personalbereich übernehmen – etwa administrative Tätigkeiten wie die Erfassung von Arbeitszeiten oder die Urlaubsverwaltung. Beides lässt sich problemlos digitalisieren. Das ist besonders in flexiblen, hybriden Arbeitszeitmodellen relevant. Diestelkamp sieht hingegen für Automatisierung keine Daseinsberechtigung in der HR. „Es sei denn, die Überführung von Personaldaten von Papier in eine digitale Form gilt schon als Automatisierung.“

Upskilling als HR-Trend

Zu einem wichtigen Werkzeug der Mitarbeiterentwicklung hat sich ein „Upskilling“ genannter Ansatz entwickelt. Upskilling bedeutet, Kompetenzen weiterzuentwickeln und die Mitarbeiter durch Weiter- und Höherqualifizierung in die neuen Arbeitswelten mitzunehmen, kontinuierlich und mit konkreten Zielen. Eine solche Qualifizierung zielt auf neue Aufgaben und Tätigkeitsschwerpunkte in bestehenden Rollen ab, die aufgrund von Automatisierung und Digitalisierung an Bedeutung gewinnen. Upskilling-Initiativen helfen, Mitarbeiter zu halten, die Arbeitsmoral zu steigern und indirekt die Kosten für Recruiting und On­boarding zu senken. (Siehe auch Interview im auf zweitletzter Seite, Teil 3.)
Wieland Volkert
Country Manager Central Europe & Netherlands bei UKG
Foto: UKG
„Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels ist Upskilling einer der großen Trends in der HR.“
Für Diestelkamp braucht ein erfolgreiches Upskilling Führungspersonal mit der Fähigkeit, zu erkennen, dass Wissen, Können oder Technik fehlen. „Dazu kommen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die bereit sein müssen, diese neuen Notwendigkeiten zu akzeptieren, ohne Angst vor Job- oder Bedeutungsverlust zu haben. Und schließlich Personalverantwortliche, die aktiv auf diese latenten Ängste eingehen, sie ernst nehmen und Szenarien entwerfen und kommunizieren, in denen das neue Wissen, das Können oder die neue Technik einen positiven Einfluss auf alle Betroffenen haben.“
„Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels ist Upskilling einer der großen Trends in der HR“, ist auch Wieland Volkert überzeugt. Schon jetzt kümmern sich seiner Beobachtung nach die Unternehmen in zunehmendem Maß darum, die eigenen Mitarbeiter besser weiterzubilden – und der Trend werde sich weiter verstärken. Grundsätzlich gehöre in diesen Bereich auch die Überlegung, ob man für jede Position einen Hochschulabschluss benötigt: „Wir haben auf allen Ebenen hervorragend ausgebildete Menschen. Lassen wir sie zum Zug kommen.“   
HR-Themen, die Entscheider für wichtig halten
(Quelle: Hays/Institut für Beschäftigung und Employability )

Auf dem Weg zur Diversität

Zu den besonderen Herausforderungen im Recruiting dieser Tage tragen auch zwei Themen bei, die in den letzten Jahren auf der gesellschaftlichen Agenda weit nach oben gerückt sind: die Forderung nach Diversität in der Belegschaft und nach einer Unternehmensphilosophie, die Wert legt auf Nachhaltigkeit. In Unternehmensleitbildern ist das oft leichter formuliert als in der Praxis umgesetzt, aber es sind durchaus Konzepte und Maßnahmen bekannt, die erfolgversprechend sind. Vorsichtig optimistisch ist Wieland Volkert von UKG. Er betont: „Die Unternehmen verstehen so langsam, dass diverse Teams erfolgreicher sind.“
Unternehmen, die zu einer diverseren Belegschaft kommen wollen, sollten sich zuallerst ihre Einstellungsprozesse ansehen. Diversitäts-Sourcing, „blinde“ Einstellungsprozesse und KI-gestütztes Kandidaten-Screening sind zum Beispiel Rekrutierungstechniken, die es der HR erleichtern, diverse Teams aufzubauen.
Doch zu Diversität gehören nicht nur geschlechtliche und ethnische Vielfalt, sondern auch Themen wie Inklusion oder Gerechtigkeit, etwa in puncto Gehälter oder innerbetrieblicher Aufstiegschancen, betont Volkert. Er fordert von Unternehmen deshalb vor allem, eine Inklusions-Agenda zu entwickeln, die die Richtung verbindlich vorgebe. Und in diesem Punkt beobachtet Volkert durchaus Fortschritte: „Es gibt schon erste Unternehmen, in deren Vorstand ein Chief Diversity und Equity Officer diese Themen vorantreibt.“
Einer neuen Einstellungsstrategie bedarf es nicht, findet dagegen Abat-Manager Diestelkamp. „Viel wichtiger ist, Diversität nicht aktiv oder passiv zu verhindern – etwa indem man auf die Nutzung von Systemen zur Bewerberauswahl verzichtet, die mit Vergangenheitsdaten trainierten worden sind.“

Recruiter von morgen

Recruiter müssen sich den neuen Herausforderungen stellen und zunehmend in die Rolle von Vertrieblern schlüpfen. Nur wenn es gelingt, interessante Kandidaten auf allen verfügbaren Kanälen zu erreichen, steigen die Chancen auf eine zügige Besetzung der offenen Stellen. Online gilt es, Foren, soziale Medien und Portale zu durchforsten, um potenzielle Bewerber aktiv anzusprechen. Darüber hinaus werden über Stellenbörsen oder Business-Netzwerke verfügbare Datenbank-Tools immer wichtiger, um das Portfolio potenzieller Kandidaten zu erweitern. Auch die Besetzung von Vakanzen mit Quereinsteigern stellt eine sinnvolle Option dar.
„Netzwerke im digitalen Raum aufbauen und pflegen, sich mit Analytics auskennen und verstehen, für welche Argumente neue Mitarbeitende empfänglich sind“, so fasst es Volkert zusammen. „Neben ausgeprägten Kommunikationsfähigkeiten werden zunehmend das Know-how über Content-Marketing, Social Selling und kommunikative Distributionsmechanismen eine Rolle spielen.“ 
Diestelkamp formuliert es so: „Der Recruiter von morgen muss wie bisher auf Menschen eingehen können, ihre persönlichen Werte erkennen, die Vorteile des angebotenen Jobs transparent und authentisch kommunizieren können und – ganz wichtig – die Unsinnigkeit von angeblich sinnvollen Vorauswahl-Systemen erkennen und darauf verzichten.“

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