Wirtschaft

Ärger und ein Damoklesschwert beim Corona-Gipfel

von - 09.04.2021
Peter Altmaier
Foto: Bernd von Jutrczenka / dpa / Archiv
Wie viele Bürger weiß auch die Wirtschaft nicht, welche Maßnahmen die Politik nun treffen will in der Corona-Krise. Der Wirtschaftsminister muss sich wieder einiges anhören.
Unsicherheit und Frust, Verärgerung über ein Hin und Her in der Corona-Politik: Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft ist nicht besser geworden, das bekam Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier am Donnerstag beim "Wirtschaftsgipfel" zu spüren.
Wirtschaftsverbände warnten vor den Folgen eines möglichen harten Lockdowns. Dazu kommen drohende gesetzliche Auflagen für Unternehmen über Testangebote für Beschäftigte.
"Die aktuelle Corona-Lage ist leider weiterhin ernst", erklärte Altmaier (CDU) nach den digitalen Beratungen, die sich fast über den ganzen Tag zogen. Der Wirtschaftsminister musste sich einiges anhören. Die Lage im "zwangsgeschlossenen Einzelhandel" sei weiterhin desaströs, sagte der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes HDE, Stefan Genth. Die Verunsicherung sei zum "Dauerzustand" geworden, schimpfte der Geschäftsführer des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft, Markus Jerger. Als Folge der Aneinanderreihung falscher Politik schwebe der Lockdown "als Damoklesschwert über uns".

Merkel will "kurzen einheitlichen Lockdown"

Eigentlich wollen Bund und Länder am kommenden Montag über den weiteren Kurs in der Krise beraten - wobei nun wegen großer Meinungsunterschiede eine Verschiebung im Raum steht. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ist nach Aussagen einer Regierungssprecherin für einen "kurzen einheitlichen Lockdown", nachdem sich CDU-Chef Armin Laschet für einen "Brücken-Lockdown" ausgesprochen hatte. Die Idee aber ist heftig umstritten. Dazu kommt die Frage, ob der Bund über das Infektionsschutzgesetz für verbindlichere Regelungen sorgen soll.
Bei den Beratungen mit Altmaier herrschte nach Angaben von Teilnehmern große Unsicherheit, was genau ein Lockdown bedeuten würde - also ob davon etwa auch die Industrie betroffen wäre.
Die Kritik an der Politik ist wieder lauter geworden: "Der Ad-hoc-Modus der vergangenen Monate ist keine Dauerlösung für ein im globalen Wettbewerb stehendes Industrieland", sagte Joachim Lang, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI): "Es geht nicht allein darum, ob geöffnet oder geschlossen wird, sondern es muss auch geklärt sein, wann und wie."
Dazu kommt Ärger darüber, dass die Bundesregierung gesetzliche Auflagen über Corona-Tests in Firmen machen könnte. Die Wirtschaft stemmt sich mit aller Macht dagegen. Sie verweist auf deutliche Fortschritte bei der Ausweitung von Testangeboten. Es gebe aber Lieferschwierigkeiten. Eine gesetzliche Pflicht würde mitten in der Krise für mehr Bürokratie sorgen.
Altmaier sprang der Wirtschaft an diesem Punkt zur Seite. Der Minister sieht gesetzliche Vorgaben für Unternehmen skeptisch, wie er nach Angaben von Teilnehmern bei den Beratungen deutlich machte. Wenn man etwas reguliere, müsse es auch kontrolliert werden. Es würde aber Wochen dauern, solche Kontrollen einzurichten - in dieser Zeit werde die Impfkampagne Fahrt aufnehmen.
Das Arbeitsministerium dagegen nannte es nicht zufriedenstellend, dass derzeit rund 40 Prozent der Beschäftigten kein Testangebot bekommen - und verwies auf das Ergebnis von Befragungen im Auftrag des Arbeits- sowie Wirtschaftsministeriums. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) habe in der Vergangenheit wiederholt deutlich gemacht, dass er für eine verbindliche Regelung sei, falls in der Arbeitswelt nicht ausreichend getestet werde, sagte ein Sprecher: "Das Bundesarbeitsministerium hat entsprechende Regelungen vorbereitet und kann diese zügig umsetzen. Die Entscheidung darüber wird die Bundesregierung zeitnah treffen."
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