Was 2023 wichtig wird

Metaverse & VR

von - 20.03.2023
Angesichts mangelnder Anwendungen, fernbleibender Nutzer und horrender Anlaufkosten für die Facebook-Mutter Meta hat sich der Hype ums Metaverse stark abgeschwächt. Dennoch spielt diese VR-Technologie in mehreren Prognosen für 2023 eine Rolle, auch wenn die Aussagen vorsichtiger geworden sind. Für 2023 sehen die meisten eher einen noch geringen Impact: „2026 gehen wir ins Metaverse wie heute ins Internet. Aber nächstes Jahr spielt dieser neue Kosmos aus meiner Sicht noch keine raumgreifende Rolle“, schätzt zum Beispiel
Patrick Möller, Business Analyst des Software-Hauses Dr. Eckhardt + Partner. Srikumar Ramanathan, SVP bei Mphasis, sieht das Metaverse erst „in den Startlöchern“ stehen. „Die Einführung wird schrittweise erfolgen. Unternehmen beginnen bereits jetzt, mit Anwendungsfällen für Mitarbeiter, Kunden und Partner zu experimentieren.“
Für Gartner gehört das Metaverse jedoch zu den „10 wichtigsten strategischen Technologietrends für 2023“. Metaverse definiert Gartner dabei als „kollektiven virtuellen, gemeinsam genutzten 3D-Raum, der durch Konvergenz von virtuell erweiterter physischer und digitaler Realität entsteht“. Gartner geht davon aus, dass das Metaverse am Ende geräteunabhängig sein und nicht von einem einzigen Anbieter kontrolliert wird, und prognostiziert, dass bis 2027 über 40 Prozent der großen Unternehmen weltweit eine Kombination aus Web3, AR-Cloud und digitalen Zwillingen in Metaverse-basierten Projekten zur Umsatzsteigerung einsetzen werden.

Virtuelle Arbeitswelten

Als vielversprechenden Anwendungsbereich nennt Gartner virtuelle Arbeitsszenarios. In den „Prognosen für IT-Organisationen und Anwender im Jahr 2023 und darüber hinaus“ erkärt Daryl Plummer, Distinguished VP Analyst: „Virtuelle Arbeitsräume bieten die gleichen Kosten- und Zeitersparnisse wie Videokonferenzen, mit den zusätzlichen Vorteilen einer besseren Beteiligung, Zusammenarbeit und Verbindung. Anbieter von Meeting-Lösungen müssen Metaverse- und Virtual-Workspace-Technologien anbieten oder riskieren, ersetzt zu werden.“ In Zahlen ausgedrückt heißt das bei Plummer: „Bis 2027 werden vollständig virtuelle Arbeitsbereiche 30 Prozent des Investitionswachstums von Unternehmen in Metaverse-Technologien ausmachen.“
Für Gregor Knipper, VP bei Jabra, wird das Metaverse jedoch 2023 noch keine Rolle im Arbeitsalltag spielen. „Das liegt vor allem daran, dass die benötigte Technologie nicht ausgereift ist.“ Fürs laufende Jahr erwartet er lediglich, dass Unternehmen ihre Herangehensweise an hybride Arbeit optimieren und verfeinern. Aber insgesamt stellt Knipper dem Metaverse doch eine positive Prognose aus: „Mittel- bis langfristig deuten alle Indikatoren auf eine durch das Metaverse gestützte Arbeitsumgebung hin. Unternehmen sollten diese Entwicklung also auf dem Radar haben.“

Metaverse meets 5G und Iot

Manfred Berger von Western Digital spannt ein weiteres Trendthema mit dem Metaverse zusammen: „Das Metaverse wird es ermöglichen, die Kluft zwischen der realen und der virtuellen Welt zu überbrücken. Damit trifft es im kommenden Jahr auf eine andere Schlüsseltechnologie: den digitalen Zwilling.“ So ließen sich digitale Modelle von allem erstellen, was physisch oder logisch sei – von einfachen Produkten bis zu komplexen Umgebungen wie Stromnetzen oder Fabriken.
Entscheidend für Berger ist, dass Daten aus IoT-Sensoren immer realistischere Abbilder ermöglichten: „Das führt zu einem besseren Verständnis und einer tieferen Kenntnis der tatsächlichen Fertigungsprozesse, ohne dass man direkt auf diese zugreifen muss. So kann etwa die Produktentwicklung oder das Design verbessert werden.“
Die Verbindung zum Mobilfunk sehen auch die Experten des Infrastrukturanbieters Vertiv. Ihr Motto für 2023 lautet: „5G trifft am Edge auf das Metaverse“. Sie beziehen sich auf das Beratungshaus Omdia, wonach fast die Hälfte aller Mobilfunkverträge weltweit – mehr als 5,8 Milliarden – bis 2027 auf 5G umgestellt werden, und folgern: „Damit rückt die Datenverarbeitung immer näher an den Nutzer heran. Gleichzeitig ist das Metaverse eine Anwendung, die auf der Suche nach einem extrem dichten Computernetzwerk mit niedriger Latenz ist. Im Jahr 2023 werden sich diese beiden Bereiche überschneiden. Dabei werden die Metaverse-Implementierungen 5G-Netzwerke nutzen, um die von der Anwendung geforderten Funktionen mit ex­trem geringer Latenz zu ermöglichen.“
Manfred Berger
Senior Manager, Business Development bei Western Digital
Foto: Western Digital
„Das Metaversum trifft im kommenden Jahr auf eine andere Schlüsseltechnologie: den digitalen Zwilling.“
Auch Valentina Brebenaru, CIO des digitalen Versicherers Nexible, zieht eine Verbindung zwischen Metaverse und IoT. Um die Daten zu sammeln, die für das Metaverse und digitale Zwillinge gebraucht würden, brauche es ein Netzwerk aus verknüpften Sensoren, Geräten und Infrastrukturen. „Der Fokus wird auf der Ermöglichung nützlicherer und komplexerer Maschine-zu-Maschine-Interaktionen liegen“, erwartet Brebenaru. Heute seien wir bereits gewöhnt, unsere Wohnungen und Arbeitsplätze mit smarten Geräten auszustatten. Probleme träten aber immer auf, wenn Maschinen aufgrund unterschiedlicher Plattformen und Betriebssysteme nicht miteinander kommunizieren könnten. „2023 werden wir die Entwicklung globaler Standards und Protokolle vorantreiben, mit denen Geräte untereinander kommunizieren können. Das bedeutet, dass sie effektiver arbeiten und uns bei einer breiteren Palette von Aufgaben unterstützen können“, so Brebenaru.

Metaverse als Kundenkanal

Weitere Szenarien skizziert CX-Spezialist Genesys. Das Metaverse biete Unternehmen 2023 vor allem neue Optionen, mit ihren Kunden in der digitalen und physischen Welt in Kontakt zu treten. Bankfilialen etwa würden sich zunehmend in „Finanzerlebniszentren“ verwandeln. Zum anderen werde das Metaverse sich nicht mehr länger auf die Gamer-Community und Science-Fiction beschränken, sondern sich zum Support-Kanal entwickeln. „Auch wenn die Vorbereitung auf das Metaverse für die meisten Unternehmen verfrüht erscheinen mag, kann es kommen wie in der Vergangenheit bei der Einführung von Social Media, Messa­ging-Apps und sogar Videokommunikation. Unternehmen sollten nicht erst warten, bis das Metaverse ausgereift ist. Besser ist es, schon jetzt zu überlegen, wie es sich in ihre miteinander verknüpften Erlebnisse einfügen könnte.“
Daryl Plummer
Distinguished VP Analyst und Gartner Fellow
Foto: Gartner
„Anbieter von Meeting-Lösungen müssen Metaverse- und Virtual-Workspace-Technologien anbieten oder riskieren, ersetzt zu werden.“
Wie auch immer es mit dem Metaverse weitergeht, für Virtual Reality generell sind die Aussichten rosig. Die „TMT Predictions 2023“ von Deloitte sagen: „Virtual Reality wird zum Mainstream dank attraktiver Inhalte.“ Der VR-Markt werde 2023 weltweit 7 Milliarden Dollar Umsatz erreichen – ein Anstieg um 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Verwandte Themen