Daten und Analysen aus einer Hand

Empfehlungen von der KI-Instanz

von - 11.10.2021
Ein Ziel von Unified Data Analytics besteht darin, den Nutzern Insights an die Hand zu geben, mit denen sie Geschäftsprozesse und die Beziehung zu Kunden optimieren. „Es geht darum, immer zielgenauere Entscheidungshilfen zu erhalten“, sagt Peter van der Putten, Director Decisioning & AI Solutions bei Pegasystems. Das amerikanische Software-Haus konzentriert sich auf Lösungen für das Kundenbeziehungsmanagement und die Optimierung von Prozessen. „Daraus resultieren konkrete Einzelfallempfehlungen für sogenannte Next Best Actions für den Vertrieb, das Marketing oder den Kundendienst.“
Das heißt, Unified Data Analytics beschränkt sich nicht darauf, den Istzustand von Geschäftsaktivitäten oder mögliche Entwicklungen (Trends) aufzulisten. Vielmehr macht ein Großteil der Lösungen Vorschläge, wie sich Abläufe und Business-Strategien verbessern lassen. Damit weist die integrierte Datenanalyse Elemente auf, die aus dem Bereich Prescriptive Analytics stammen. Dieses Verfahren stellt Nutzern ebenfalls Handlungsempfehlungen zur Verfügung und setzt diese auf Wunsch automatisch um.
Deskriptiv, vorausschauend oder präskriptiv: Der Bereich Analytics umfasst mehrere Varianten.
Foto: Tipco
Von Business Intelligence bis Hyperconverged Analytics
Der Bereich Analytics teilt sich in viele Untersegmente auf. Hier ein Überblick über die wichtigsten Spielarten.
Bei Descriptive Analytics wird im Wesentlichen dargestellt, was passiert (oder passiert ist) und warum. Der Großteil dessen, was Organisationen heute unter Business Intelligence einordnen, ist das Visualisieren von Daten. Auch das fällt fast ganz in den Bereich deskriptiver Analyseverfahren.
Einen Schritt weiter geht Predictive Analytics. Dieser Ansatz identifiziert anhand wiederkehrender Vorgänge (Events) Muster. Auf deren Grundlage wird die Wahrscheinlichkeit ermittelt, dass ein bestimmtes Ereignis eintritt. „Was geschieht als Nächstes?“ Dieser Teil von Analytics nutzt Verfahren aus dem Bereich Data Science und Machine Learning. Durch die Aktualisierung der Daten, mit denen Muster ermittelt beziehungsweise Modelle trainiert werden, passen sich diese an veränderte Umstände an. Moderne Werkzeuge automatisieren diesen Zyklus: Daten bereitstellen, Daten aufbereiten, Modelle trainieren und validieren. Predictive Analytics gibt Fachleuten und Führungskräften Hinweise, welche Entwicklungen eintreten können.
Wenn man auf schnell wechselnde Marktentwicklungen oder Cyber­angriffe unverzüglich reagieren muss, kommt Prescriptive Analytics ins Spiel. Auch diese Analyseform setzt Daten und deren Analyse in Prognosen um. Im Gegensatz zu Predictive Analytics geben präskriptive Analyse-Tools aber Handlungsempfehlungen. Diese Empfehlungen können Pre­scriptive-Analytics-Lösungen automatisch umsetzen.
Weitere Analytics-Spielarten stammen von Anbietern – etwa Hyperconverged Analytics von Tibco. Dieser Ansatz fasst visuelle Analysen, Data Science und Streaming-Funktionen in einer Plattform mit einer einheitlichen Benutzeroberfläche zusammen. Damit können Anwender Erkenntnisse aus historischen Daten gewinnen und grafisch darstellen. Mit Data Science (Advanced Analytics) lassen sich Maschinenlernmodelle trainieren und Aussagen über Ereignisse treffen, die in der Zukunft passieren. Mit Strea­ming können die Machine-Learning-Modelle oder Regeln mit Echtzeit­daten versorgt und operationalisiert werden, um automatisch Aktionen auszulösen.
Databricks, ein Anbieter von Lösungen für ein Datenmanagement und die Datenanalyse mithilfe von Künstlicher Intelligenz, forciert den Begriff Unified Data Analytics. Entsprechende Lösungen setzen in starkem Maß auf KI, um Daten-Pipelines aufzubauen, die Informationen aus diversen Datensilos miteinbeziehen.
Einen weiteren Schwerpunkt bilden Tools, die die Zusammenarbeit von Datenwissenschaftlern (Data Scientists) und Datennutzern vereinfachen. Die Datenanalyse- und Business-Intelligence-Funktionen stammen von Drittanbietern wie Microsoft und Tableau.

Eine Automatisierung von Prozessen stößt jedoch bei etlichen Anwendern noch auf Skepsis. Der Grund: die Angst davor, die Kontrolle über Entscheidungen und Abläufe zu verlieren. Doch letztlich dürfte an der Kombination von Prescriptive Analytics und Automatisierung in vielen Bereichen kein Weg vorbeiführen. Ein Beispiel sind IT-Sicherheitssysteme, die bereits beim ersten Anzeichen einer Cyberattacke Gegenmaßnahmen ergreifen und dadurch Schäden minimieren.
Auch in Handel und Fertigung gewinnen fortgeschrittene Datenanalysemodelle mit autonomen Maßnahmen an Bedeutung. Das ist etwa bei der dynamischen Anpassung von Preisen (Dynamic Pricing) der Fall. „Heute möchten Unternehmen Entscheidungsprozesse vollautomatisch innerhalb von Sekunden treffen, um das Geschäftsmodell zu optimieren, Risiken einzuschätzen oder die Beziehung zu Kunden zu personalisieren“, sagt Mathias Golombek von Exasol.

Die Zentrale Rolle von KI

Damit sich aus den wachsenden Datenbeständen verwertbare Erkenntnisse und Handlungsempfehlungen extrahieren lassen, und dies am besten in Echtzeit, sind zwei Technologien unverzichtbar: KI und maschinelles Lernen. „Bei Unified Data and Analytics geht es um das Zusammen­spiel von Daten und KI. Beide sind gleich wichtig. Denn Daten ohne nachgelagerte Nutzung bringen keine Vorteile, und KI ohne Daten ist nicht möglich“, betont Stephan Schnieber von IBM. Deshalb hat IBM bei seiner Unified-Data-Analytics-Plattform Cloud Pak for Data Daten und KI-Modelle in einem Katalog zusammengefasst. Er enthält zudem die relevanten Metadaten. Data Engineers und ­Datenwissenschaftler können auf diese Informationen zugreifen – mit den Tools, die sie für ihre Aufgabe benötigen.
Auch die Plattformen anderer Anbieter, etwa Tibco, Data­bricks, Thoughtspot oder Oracle, verfügen über KI- und Machine-Learning-Funktionen. SAS stellt bei seiner Viya Platform „eine umfassende Bibliothek mit Machine-Learning-Verfahren“ bereit, so Andreas Becks. Datenbankspezialisten wie Exasol haben wiederum Schnittstellen für Data-Science-Anwendungen und KI-/ML-Bibliotheken integriert, etwa Tensorflow und R.
Komplexe Architektur: Unified-Data-Analytics-Lösungen sollen Datenquellen, Daten- und Analytics-Plattformen und Business-Anwender unter einen Hut bringen.
(Quelle: Eckerson Group, The Rise of Unified Data and Analytic Platforms, 2020)
KI und Machine Learning werden laut Pegasystems im Rahmen von Unified Data Analytics etwa dafür verwendet, um Fragen zu beantworten wie „Welcher Servicefall könnte als nächster auftreten und wie lässt er sich lösen?“ oder „Welche Service Level Agreements sind dabei zu beachten?“. Das erfordert Machine-Learning-Modelle, die eine Analytics-Plattform mithilfe von Künstlicher Intelligenz in Echtzeit erzeugt. Ein Nebeneffekt: Die Aufgabe von Data Scientists ändert sich: „Sie erstellen die Modelle nicht mehr selbst, sondern kontrollieren und optimieren die automatisch generierten Modelle“, erläutert Peter van der Putten.

Technik und Mensch in Einklang

Allerdings ist auch bei Unified Data Analytics noch Raum für Verbesserungen, so van der Putten. Zwar sei die Kombination von Datenmanagement, Analysefunktionen und Machine Learning auf einer einzigen Plattform der richtige Schritt, aber nur ein Etappenziel. „Derzeit liegt der inhaltliche Schwerpunkt von Unified Data Analytics auf der Entwicklung von Vorhersagemodellen, also Predictive Models, aber zu wenig auf deren Bereitstellung, dem Management und dem Monitoring“, erläutert der Fachmann. Es reicht seiner Ansicht nach nicht aus, Daten immer besser analysieren zu können. „Analysen sind kein Selbstzweck. Man muss die Erkenntnisse daraus praktikabel machen und in die internen operativen Prozesse und die Interaktion mit den Kunden einfließen lassen.“
Damit sich solche Konzepte umsetzen lassen, muss jedoch nicht nur der technische Unterbau stimmen. Vielmehr muss man die Mitarbeiter mitnehmen. Das gilt für die Führungskraft wie für den Sachbearbeiter. „Um ein ‚wissensbasiertes‘ Unternehmen aufzubauen, ist es notwendig, zusammen mit den Nutzern entsprechende Services zu entwickeln und zu implementieren“, erläutert Teemu Kinnunen von Futurice. „Und um das zu erreichen, ist es notwendig, Erkenntnisse aus Daten zu gewinnen und dieses Wissen zu nutzen, um bessere Entscheidungen zu treffen.“
Stephan Schnieber, Sales Leader IBM Cloud Pak for Data
Foto: IBM
Bei Unified Data and Analytics geht es um das Zusammenspiel von Daten und KI. Beide sind gleich wichtig.
Umsetzen lässt sich eine solche Strategie in mehreren Schritten, so Kinnunen. Zunächst ermittelt ein Unternehmen zusammen mit einem Spezialisten, welche Geschäftschancen sich aus der Analyse von Daten und den damit verbundenen Insights ergeben könnten. „Anschließend werden die potenziellen User und deren Anforderungen definiert“, so der Fachmann, „außerdem eine Vorgehensweise, um die Analytics-Lösungen optimal zu nutzen.“ Im dritten Schritt kommen technische Tools zum Zuge, um Daten zu untersuchen und etwa in Predictive-Analytics-Modelle umzusetzen.
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