Escrow-Vereinbarung

Quellcode-Hinterlegung schützt Geschäftsprozesse

von - 22.12.2015
Escrow-Agreement
Foto: Escrow Alliance
Ein Escrow-Vertrag sichert die Interessen von Software-Entwickler und Besteller gleichermaßen. com! professional zeigt, was bei der Dreiparteien-Vereinbarung zu beachten ist.
Der Quellcode ist das Herz jeder Software. Ohne ihn sind vor allem Wartung und Fehlerbereinigung schwierig. Wer deshalb den Quellcode mitkaufen will, muss dafür tief in die Tasche greifen.
Escrow-Vertrag: Die Dreiparteien-Vereinbarung sichert die Interessen von Software-Entwickler und Besteller durch eine Quellcode-Hinterlegung bei einem Treuhänder.
Escrow-Vertrag: Die Dreiparteien-Vereinbarung sichert die Interessen von Software-Entwickler und Besteller durch eine Quellcode-Hinterlegung bei einem Treuhänder.
(Quelle: isak55 / Shutterstock.com )
Als Alternative zum Kauf bietet sich die Quellcode-Hinterlegung an, das heißt die Deponierung bei einem unabhängigen Dritten, einem Treuhänder. Bei solch einer Konstellation wird auch von (Software-)Escrow gesprochen. Sollte es dem Entwickler der Software unmöglich werden, die vereinbarte Wartung und Pflege zu gewährleisten, erhält der Besteller damit Zugriff auf den Code.

Sinn eines Escrow-Vertrags

Der wichtigste Grund für einen Escrow-Vertrag ist das Risiko, dass der Software-Entwickler seinen vertraglichen Verpflichtungen nicht nachkommt. Ursächlich dafür kann eine Insolvenz sein, die Einstellung des herstellerseitigen Services und Supports („Abkündigung“) oder auch das Scheitern der Beseitigung von Mängeln und/oder Störungen.
Da der Software-Entwickler in den genannten Fällen oft nicht mehr weiterhelfen kann oder will, bietet die professionelle Hinterlegung des Quellcodes bei einem Treuhänder eine optimale Lösung, um die Interessen beider Vertragsparteien zu sichern.

Tipp: Programmierer einstellen

Ist es zu einer Quellcode-Herausgabe an den Besteller gekommen und muss er die – oft langwierige – Störungsbeseitigung selbst übernehmen, kann es sinnvoll sein, einen mit der betreffenden Software vertrauten Programmierer einzustellen. So entfällt zumindest die Einarbeitungszeit.

Insolvenzproblematik

Ein Escrow-Vertrag regelt eigentlich den  Zugriff auf den Quellcode für den Fall der Anbieter-Insolvenz. Die Insolvenzfestigkeit einer Quellcode-Hinterlegung ist in Deutschland allerdings nicht immer zu gewährleisten.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 17.11.2005 (AZ: IX ZR 162/04) aufgezeigt, dass eine rein schuldrechtliche Escrow-Vereinbarung nicht insolvenzsicher ist. Entsprechende Vereinbarungen könnten also durch den Insolvenzverwalter erfolgreich angefochten werden (§ 91 InsO). Gleichwohl bejahte der BGH den im Verfahren geltend gemachten Herausgabeanspruch aufgrund einer Escrow-Vereinbarung.
Das Hauptproblem vor Gericht ist die Frage, ob in der jeweils konkreten Vereinbarung eine Benachteiligung der Insolvenzgläubiger gesehen werden kann. Stellt die Escrow-Vereinbarung eine solche Benachteiligung dar, so ist sie auch anfechtbar. Damit wird es eine hundertprozentig sichere Quellcode-Hinterlegung im Fall der Insolvenz bei gleichzeitiger Beachtung der Interessen beider Parteien kaum geben. Trotzdem ist die Vereinbarung sinnvoll, da sie mehr Sicherheit für beide Vertragspartner schafft.
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