So wird der neue Internet-Grundbesitz verteilt
Unternehmen scheuen die hohe ICANN-Gebühren
von Stefan Mey - 09.08.2015
Ansonsten haben die großen deutschen Medien- und Internetkonzerne das TLD-Geschäft an sich vorbeiziehen lassen. Bei Springer, Burda, Bertelsmann, Unister und Rocket Internet ist zu dem Thema wenig in Erfahrung zu bringen. Meist heißt es, dass der Betrieb von TLDs nicht zum Kerngeschäft gehöre oder die Thematik nicht zentral gesteuert werde. Allgemeine Aussagen sind also nicht möglich.
Beim Telekom-Registrar Strato in Berlin waren eigene Endungen anfangs im Gespräch, beispielsweise .mail, .web, .webhosting und .hosting. Man habe sich aber bewusst dagegen entschieden, berichtet Strato-Vorstand Christian Böing: „Wir hatten Zweifel, ob die neuen TLDs vom Markt so angenommen werden, dass sich die hohen Kosten der Einführung wirtschaftlich rechnen. Diese beginnen mit den hohen Gebühren an die ICANN und enden beim erforderlichen Marketing.“
Im Rückblick hält er die Entscheidung für richtig: „Genaugenommen ist die Situation für viele der neuen Top-Level-Domains sogar dramatischer, als wir angenommen hatten. Wir erwarten eine Marktbereinigung – und sie hat bereits begonnen.“
Die deutsche Holding IS-Inter-Services GmbH mischt über diverse Töchter im TLD-Geschäft mit. So hat sich die Tochter Brandshelter auf Dienstleistungen für Markenendungen spezialisiert. Ihre Schwester Domaindiscount24 ist einer der großen deutschen Registrare. Eigene Endungen hat der deutsche Konzern nicht ins Rennen geschickt. Einzige Ausnahme ist die Endung .saarland, hinter der die Tochter Key-Systems steht.
Warum ist das Unternehmen nicht in das Geschäft mit neuen TLDs eingestiegen? „Dies liegt im Wesentlichen daran, dass wir nicht in Wettbewerb mit unseren Kunden, den Registries, treten möchten“, erklärt Alexander Siffrin, Geschäftsführer von Key-Systems und IS-Inter-Services. Man sehe die eigene Stärke im Bereitstellen technischer Infrastruktur für andere.
Auch Siffrin glaubt, dass nicht alle TLDs funktionieren und einige langfristig verschwinden werden. Trotzdem macht er darauf aufmerksam, dass sich das Engagement für einige Unternehmer schon jetzt ausgezahlt habe: „Viele der Bewerber haben ihre Investitionen durch den Verkauf ihrer Rechte an Mitbewerber doppelt oder dreifach wieder eingefahren.“
Meist bewegen sich die Erlöse solcher Auktionen vor dem eigentlichen Start einer Endung im einstelligen Millionenbereich. Auch einige deutsche Firmen haben sich bei Privatauktionen auszahlen lassen, unter anderem Internetx bei .ltd und .sar und Axel Schwiersch bei .immo. Auch von seiner mit viel Optimismus gestarteten Endung .reise, die seit August 2014 am Markt ist, hat Schwiersch sich getrennt. Ende Februar hat er sie an das US-Unternehmen Donuts verkauft. Die Amerikaner betreiben schon die ähnliche Branchenendung .reisen. Das war die weltweit erste Versteigerung einer schon gestarteten Top-Level-Domain. Der Startschuss für die Marktbereinigung fiel somit in Deutschland. Schwiersch glaubt, dass das nur der Anfang war: „Ich würde mich wundern, wenn wir 2015 die einzige TLD blieben, die verkauft oder versteigert wird.“ Auch der TLD-Pionier Krischenowski rechnet mit einer Konsolidierungswelle in absehbarer Zeit. Während diese Welle gerade einsetzt, diskutiert die ICANN schon über die nächste Bewerbungsrunde für neue Internetendungen.
Weitere Infos
- „Es wird eine Konsolidierungswelle geben“
Interview mit Dirk Krischenowski, Geschäftsführer von Dotberlin und Spezialist für das ICANN-Bewerbungsverfahren für neue Top-Level-Domains.