Kommt das Zweiklassen-Internet?

Nicht schlüssige Argumente

von - 10.06.2015
Helmut Heinen, Präsident des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger (BDZV)
Helmut Heinen, Präsident des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger (BDZV): „Es darf keine Mehrklassengesellschaft etwa nach Größe oder Finanzkraft der Inhalte-Anbieter geben.“
Die Diskussion verläuft nicht immer sachlich. So stellte Günther Oettinger, EU-Kommissar für digitale Wirtschaft und Gesellschaft, im Bezug auf die Netzneutralität „Taliban-ähnliche Entwicklungen“ in Deutschland fest.
In der öffentlichen Diskussion um die Netzneutralität werden immer wieder Argumente vorgebracht, die sich bei näherem Hinsehen als nicht schlüssig erweisen.
  • Gleichbehandlung aller Datenpakete: Häufig wird Netzneu­tralität gleichgesetzt mit der Forderung, alle IP-Pakete gleichberechtigt zu behandeln. Diese generelle Gleichberechtigung ist allerdings weder gegeben noch erwünscht. Unternehmen nutzen nämlich Techniken zum Monitoring, zur Lastverteilung oder zur Abwehr von Gefahren wie Denial-of-Service-Angriffen, indem sie die Datenpakete gerade nicht gleichbehandeln. Auch VoIP-Pakete werden bevorzugt behandelt, anders wäre eine störungsfreie Telefonie gar nicht möglich.
  • Das Zweiklassen-Internet gibt es schon: Argumentiert wird, in den Internet-Protokollen IPv4 und IPv6 seien unterschied­liche Geschwindigkeiten ausdrücklich vorgesehen. Ausschlaggebend für Netzneutralität ist aber, dass der Kunde entscheidet, was priorisiert wird, nicht der Netzbetreiber.
  • Netzneutralität verhindert den Netzausbau: Netzriesen wie die Telekom führen gern ins Feld, durch das erhöhte Datenaufkommen seien ungeheure Investitionen nötig, die es zu refinanzieren gelte. Doch hat die Telekom das Netz aus Kupferleitungen einst zum Nulltarif erhalten und hätte genug Zeit und Geld gehabt, diese nach und nach durch leistungsfähige Glasfaseranbindungen zu ersetzen. 
  • Netzneutralität verhindert neue Geschäftsmodelle: Das Gegenargument lautet schlicht: Bislang war das Internet weitgehend neutral, was Geschäftsmodellen von Amazon bis Zattoo offenbar nicht im Weg stand.
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