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IoT-Projekte umsetzen

von - 10.08.2017
Am Anfang jedes IoT-Projekts steht eine Bestandsaufnahme. „Eine IoT-Initiative beginnt nicht mit den Daten, sondern mit Zettel und Bleistift“, erklärt Stefan Ebener von NetApp. „Zunächst sollten Unternehmen genau definieren, welches Ziel sie verfolgen. Daraus ergeben sich dann die Folgefragen: Welche Daten brauche ich dafür, wo kommen sie her und wie kann ich sie erheben?.“
Christoph Lietz Gigamon
Christoph Lietz
Senior Sales Director Central
Europe bei Gigamon
www.gigamon.com
Foto: Gigamon
„Die stetig wachsende trans­ferierte Datenmenge ist eindeutig das größte Problem bei IoT, mit dem wir uns in den nächsten Jahren konfrontiert sehen.“
Zudem sind weitere Punkt zu klären, zum Beispiel ob die Daten im eigenen Haus oder in der Cloud analysiert werden. Projektmanager sollten außerdem festlegen, wie lange und wo Informationsbestände gespeichert werden. Dafür können Storage- und Archivierungssysteme im Unternehmens­rechenzentrum oder einem Cloud-Datacenter zum Zuge kommen.
Wichtig ist auch, dass schon in der Planungsphase IT- und Fachabteilungen eng zusammenarbeiten. Denn IT-Verantwortliche kennen sich zwar in technischen Belangen aus, wissen in der Regel aber nicht, wie die Prozesse in der Fachabteilung aussehen und welchen Bedarf die Mitarbeiter dort haben. In dieser Phase kann auch ein externer Berater unterstützen und als Bindeglied zwischen den Abteilungen fungieren. Derzeit bringen sich beispielsweise Systemhäuser im Bereich IoT als Berater in Position, darunter Branchengrößen wie Bechtle, Cancom oder QSC.
Ein weiterer Baustein einer IoT-Strategie ist ein umfassendes Datenmanagement: „Es versetzt die IT-Abteilung in die Lage, die richtigen Daten zum richtigen Zeitpunkt in der geforderten Geschwindigkeit zur Verfügung zu stellen, egal aus welchen Quellen sie stammen und wo sie sich befinden“, so Stefan Ebener. Wichtig ist, dass der gesamte Lebenszyklus der IoT-Daten abgedeckt wird, also von Erfassung über Speicherung, Klassifizierung und Priorisierung bis Archivierung und Löschen.

Trend: IoT mit KI

Überwachung und Analyse von Bahntransporten
Eines der vielen Einsatzfelder von IoT: Die Überwachung und Analyse von Transporten mit der Bahn.
(Quelle: Bosch)
Die Entwicklung beim Internet der Dinge wird nach Einschätzung des Beratungshauses PwC durch eine Technologie geprägt werden, die derzeit immer stärker in den Fokus rückt: Künstliche Intelligenz. KI-Algorithmen sollen zum einen dabei helfen, die enormen Datenmengen auszuwerten, die bei IoT anfallen. IDC schätzt, dass Systeme und Dinge, die mit dem Internet verbunden sind, im Jahr 2025 weltweit ein Datenvolumen von rund 44 Zettabyte Daten generieren. Daraus verwertbare Informationen herauszudestillieren und in Handlungsempfehlungen oder Aktionen umzusetzen, ist ohne KI-Systeme kaum zu bewältigen.
Künstliche Intelligenz lässt sich PwC zufolge im Zusammenspiel mit IoT-Anwendungen etwa für Predictive Analytics einsetzen. Der US-Konzern GE nutzt solche Applikationen zum Beispiel, um Daten von Flugzeugtriebwerken zu analysieren. Sensoren erfassen pro Flug bis zu 5000 Parameter und erzeugen 500 GByte an Daten. Mit Predictive Analytics ermittelt GE, wann bei einem Triebwerk Abnutzungserscheinungen oder Schäden auftreten könnten. Dementsprechend lassen sich proaktiv Wartungsarbeiten vornehmen.
Präskriptive Analyseverfahren wiederum geben konkrete Handlungshinweise oder greifen in Abläufe ein. Das ist etwa bei Assistenzsystemen in Fahrzeugen der Fall. Erkennt ein Spurhalte-Assistent aufgrund von Sensordaten, dass ein Fahrer von der Fahrspur abweicht, greift er korrigierend ein. Auch im Schienenverkehr werden ähnliche Systeme getestet. Bei einer Fehlfunktion einer Weiche alarmieren sie die Leitstelle und die Führer der betroffenen Züge.
Die Kombination aus IoT und Künstliche Intelligenz könnte nach den Vorstellungen von Forschern künftig auch im Gesundheitswesen eine wichtige Rolle spielen. So arbeiten Hersteller medizinischer Systeme an Insulinpumpen, die bei Diabetikern eigenständig die Menge des zugeführten Insulins anpassen, je nachdem wie hoch der Blutzuckerspiegel ist. Die Frage ist natürlich, inwieweit Patienten intelligenten IoT-Medizinsystemen über den Weg trauen, wenn diese Medikamente verabreichen oder zur Ferndiagnose und Fernbetreuung von Kranken und Pflegebedürftigen eingesetzt werden.

Fazit

Die Erwartungen an das Internet der Dinge sind hoch – bei den Anbietern entsprechender Lösungen, teils aber auch bei den potenziellen Nutzern. „In manchen Fällen verspricht man sich auch zu viel“, so Bettina Horster, Vorstand der Vivai AG und Direktorin IoT beim eco-Verband der deutschen Internetwirtschaft. Sie bestätigt die Einschätzung von Stefan Ried von Crisp Research, dass es vielen Anbietern von IoT-Lösungen schwerfällt, tragfähige digitale Geschäftsmodelle zu entwickeln.
Ein weiterer Problempunkt sei die Tendenz von Internetkonzernen, eigene, geschlossene IoT-Ökosysteme aufzubauen und dabei auf eigene Hardware zu setzen. Hinzu komme die Übernahmewelle bei innovativen Start-up-Unternehmen: Große Anbieter wie GE, IBM, Microsoft oder SAP haben in den vergangenen Monaten etliche Firmen übernommen, beispielsweise Wi-Next, Solair oder Nurego. Andere, etwa Bosch, beteiligen sich an vielversprechenden jungen IoT-Spezialisten wie Actility, einem Anbieter von Kommunikationsnetzen für IoT-Komponenten.
Trotz aller Hürden und Flops steht aber fest: Die Vernetzung von Dingen wird das Leben vieler Menschen in den kommenden Jahren massiv beeinflussen – hoffentlich nur positiv.
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