Low-Power-Funk treibt IoT voran

Viele Hersteller setzen auf Doppelstrategie

von - 20.04.2017
Für Anbieter von IoT-Systemen wie für Anwender gleichermaßen hat die Vielzahl unterschiedlicher technologischer Ansätze mehrere Konsequenzen. Einerseits sind sie nicht auf eine ein­zige LPWAN-Infrastruktur angewiesen, die wenige Netzbetreiber kontrollieren. Andererseits ist es schwer, diejenige Technik zu finden, die sich letztlich auf dem Markt durchsetzen wird. Daher verfolgen etliche Anbieter von Mess-Systemen und Verbrauchszählern eine Doppelstrategie. Ein Beispiel dafür ist Zenner International. Der Hersteller von Strom-, Wärme- und Wasserzählern, Rauchmeldern sowie Fernauslesesystemen aus Kirchheim bei München setzt auf zwei LPWAN-Techniken: Sigfox und LoRa.
Claudia Nemat
Vorstand Technologie & ­Innovation bei der ­Deutschen Telekom
www.telekom.com
Foto: Deutsche Telekom
„Wir werden die Auf­rüstung unserer Basis­stationen in Europa fortsetzen, um Narrowband-IoT im 900- und 800-MHz-Band zu ermög­lichen.“
Auch die Anbieter von Telekommunikationsdiensten verfahren nach diesem Muster. So schlossen Sigfox und der spanische TK-Konzern Telefónica im Februar 2017 ein Abkommen, um IoT-Services weltweit zu vermarkten. Telefónica integriert im Rahmen der Zusammenarbeit die Low-Power-Technik von Sigfox in seine IoT-Connected-Plattform.
Der Mobile World Congress (MWC) Ende Februar in Barcelona ließ erkennen, in welche Richtung sich die Netzwerktechniken für das Internet der Dinge entwickeln könnten. Ein Schwerpunkt dürfte die verstärkte Nutzung der Mobilfunk-Infrastruktur sein. So arbeitet der 3GPP-Verbund an neuen Topologien wie Multi-Hop-Mesh. Diese Struktur erlaubt es Geräten, die sich außerhalb der Reichweite des Netzes befinden, ein anderes System als Relais zu verwenden. Voraussetzung ist, dass der Relais-Knoten Zugang zu einer Narrowband-Infrastruktur hat.
„Ein weiterer Trend ist die Bereitstellung von privaten Internet-of-Things-Netzwerken, etwa auf Grundlage von Techniken wie MulteFire", sagt Hamed-Reza Nazeman von Qualcomm. Sie ermöglichen es beispielsweise Minen oder Bohrinseln, die keinen Zugang zu einem kommerziellen Mobilfunknetz haben, ihr eigenes privates Netzwerk aufzubauen. Multe­Fire nutzt das lizenzfreie 5-GHz-Spektrum für LTE-Services.
Die eine universelle Technologie, mit er sich alle Anwendungsfelder abdecken ließen, gibt es allerdings nicht, erklärt Nazeman. „Unterschiedliche IoT-Anwendungen erfordern individuelle Lösungen. LTE eignet sich hervorragend für Anwendungen, die eine starke Sicherheit, flächendeckende Abdeckung und hohe Quality of Service benötigen.“
Übertragungstechniken wie Bluetooth, WiFi und ZigBee wiederum seien eher für die nähere Umgebung und Lösungen mit kurzer Reichweite gedacht. „Wir sehen die Notwendigkeit dieser Verbindungslösungen auch bei der Verbindung mit IoT. Sie ergänzen die Funktionen, die zelluläre Technologien wie NB-IoT bereitstellen“, so Nazeman.
IoT-Dienste im Überblick
Im Internet der Dinge eröffnet sich für Low-Power-WAN-Techniken, aber auch für andere Übertragungstechniken wie WLAN oder Bluetooth, eine breite Palette von Anwendungsfeldern.
Industrie: Maschinen, Pumpen, Industrieanlagen, Klimaanlagen oder Ölförderanlagen lassen sich mit Sensoren und Aktoren ausstatten. Dies ermöglicht das Überwachen (Monitoring) dieser Anlagen und ein Nachjustieren von Einstellungen.
Groß- und Einzelhandel: Verkaufs- und Geldautomaten sowie Warenregale melden den Füllstand und vermeiden so Engpässe und Umsatzverluste.
Logistik: Das Nachverfolgen von Fahrzeugen und Transportbehältern ist ein klassisches Einsatzgebiet für M2M und LPWAN.
Umweltschutz/Agrarsektor: Sensoren ermitteln Werte wie Luft- und Bodenqualität oder prüfen die Feuchtigkeit und den Nährstoffgehalt von Ackerböden. Anschließend werden die Daten über ein LPWAN in ein Cloud-Rechenzentrum weitergeleitet und ausgewertet. Die Ergebnisse kann der Anwender, beispielsweise ein Landwirt, über das Internet abfragen. Erste Versionen solcher Systeme sind bereits im Einsatz, unter anderem im Weinbau.
Hausvernetzung: Rauchmelder, Türen, Videoüberwachungsanlagen, die Heizung und Multimedia-Systeme lassen sich verbinden. Das erfolgt vor Ort über ein WLAN, Bluetooth oder Protokolle wie ZigBee.
Smart Metering/Smart Utilities: Auch die Fernabfrage von Zählerabständen gehört zu den Anwendungen, die derzeit von Service-Providern und Stadtwerken forciert werden. Da die
Zähler meist an Orten platziert sind, an denen das normale Mobilfunknetz nicht zur Verfügung steht, fokussieren sie sich dabei auf den Einsatz von Low-Power-WAN-Systemen.
Smart Cities: Hier geht es etwa um die Vernetzung von Straßenlampen, Smart-Parking-Systeme und Sensoren, die den Verkehrsfluss messen.
Gesundheitswesen/Pflege: Lösungen wie die des italienischen Anbieters Ticuro Reply ermöglichen Ferndiagnosen und Remote-Betreuung. Die Betreuten werden mit einem Sensor­armband oder smarten Medikamentendosen ausgestattet, die über Bluetooth oder WLAN an einen Mobilfunk-Router angebunden sind. So kann das Pflegepersonal prüfen, ob ein Senior seine Medikamente nimmt oder ein Demenzkranker das Haus verlässt.
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