Der deutsche Mittelstand im digitalen Wandel

Digitalisierungs-Strategien

von - 05.05.2017
Um den Digitalisierungsgrad zu erhöhen, müssen selbstverständlich auch die infrastrukturellen Voraussetzungen vorhanden sein. Das erklärte Ziel der Bundesregierung ist, dass bis 2018 eine flächendeckende Breitbandinfrastruktur von mindestens 50 MBit/s zur Verfügung steht.
Davon ist man noch weit entfernt: Laut der vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderten Studie „Digitalisierung von Geschäftsprozessen“ der Technischen Universität Chemnitz erreichen gerade einmal 16 Prozent der Mittelständler eine vertragliche Internetanbindung ab 50 MBit/s. Zudem ist die tatsächliche Geschwindigkeit teils deutlich geringer als die vertraglich zugesicherte Leistung.
59 Prozent sehen sich als Nachzügler.
Quelle: Bitkom
Hinzu kommt: Unternehmen fehlt oft das Know-how, zum Beispiel für den Betrieb komplexer Cloud-Umgebungen, die häufig Voraussetzung für eine Digitalisierung sind. Diese Lücke könnten laut Dirk Beemelmanns von Bechtle etwa Managed Services schließen. „Immer mehr deutsche Unternehmen setzen auf externe Hosting-Dienste. Firmen, deren Kernkompetenz nicht im IT-Bereich liegt, können damit oft eine Menge Geld einsparen.“
Harald Esch von Salesforce pflichtet dem bei: „Ja das stimmt, viele Unternehmen – und vor allem die kleinen – können diese Herausforderungen nicht allein lösen – dafür gibt es aber verlässliche Partner und Lösungen, die auch für kleine Unternehmen erschwinglich sind.“
Werner Schwarz von Cancom ist der Meinung, dass die Transformation nur gelingen kann, wenn Unternehmen sie zügig und konsequent angehen. Wer den Blick für die Kundenwünsche verliere, laufe Gefahr, dass ihm Wettbewerber oder branchenfremde Anbieter Marktanteile streitig machen: „Kurz: disrupt or be disrupted.“ Unternehmen sollten am Aufbau ihres digitalen Kerns arbeiten, dem „Digital Core“. Grundlage dieses digitalen Kerns sei die sichere Vernetzung etwa von Maschinen, Sensoren, Kunden und Mitarbeitern.
Übrigens: Den meisten Mitarbeitern dürfte die relative Trägheit ihrer Arbeitgeber in Bezug auf die Digitalisierung recht sein. Wie die „Berliner Zeitung“ im März aus einer bislang unveröffentlichten Umfrage des Bundesministeriums für Bildung und Forschung berichtete, fürchten 81 Prozent der Menschen in Deutschland, dass durch die technologische Entwicklung immer mehr Menschen beruflich abgehängt werden. Knapp zwei Drittel der Befragten gehen sogar davon aus, dass die Digitalisierung mehr Jobs vernichtet als durch sie geschaffen werden.
Digitaler Tag: Ersetzt das Etikett durch ein Display.
Foto: Lufthansa Worldshop, Miles & More GmbH
Digitalisierung des Fliegens: Rimowa
Der Kofferhersteller Rimowa hat ein
intelligentes Gepäckstück entwickelt, das das Reisen digital macht.
Das Fliegen ist trotz moderner Techniken wie Online-Check-in noch immer recht kompliziert, etwa wenn man einen Koffer aufgeben möchte. Schuld daran ist der Kofferanhänger. Ausgestattet unter anderem mit einem Strichcode, dem Zielflughafen sowie mit dem Passagiernamen soll er dafür sorgen, dass ein Gepäckstück möglichst ohne Umwege seinen Weg findet.
Die Fluggesellschaften würden den Umgang mit den Koffern gern vereinfachen und beschleunigen, indem die Fluggäste ihre Gepäckanhänger bereits zu Hause ausdrucken. Doch das Vorhaben scheitert an einer einfachen Sache: Die Etiketten müssen nach geltendem Recht farbig sein – und nicht jeder Fluggast verfügt über einen Farbdrucker.
Rimowa, 2015 von der „Wirtschaftswoche“ als bester Mittelständler Deutschlands ausgezeichnet, hat für das Etikettenproblem eine digitale Lösung entwickelt: das Rimowa Electronic Tag. So funktioniert es: Koffer sind mit einem eingebauten Farbdisplay ausgestattet, das das Papieretikett ersetzt. Eine Smartphone-App sendet die Fluginformationen per Bluetooth an den Koffer, der auf dem Display das Etikett anzeigt. So lässt sich der Koffer ohne Umwege direkt am Flughafen abgeben. Unterstützt wird der digitale Koffer bereits von der Deutschen Lufthansa und der taiwanesischen Eva Air.
Warum sind farbige Gepäckanhänger überhaupt Pflicht? Alle Gepäckanhänger von Koffern, die innerhalb der Europäischen Union aufgegeben werden, sind an der Seite mit zwei grünen Streifen versehen. Sie zeigen dem Zoll an, dass ein Koffer an einem Flughafen in der EU aufgeben wurde, und ermöglichen so eine schnelle Unterscheidung von Gepäck, das von außerhalb der EU kommt.
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