Cloud Computing wird immer kritischer gesehen

Schockwelle bremst Cloud-Euphorie

von - 15.05.2017
Für einen Dämpfer der Begeisterung über die Cloud hat außerdem der weitreichende Ausfall bei Amazon Web Services (AWS) im Februar dieses Jahres gesorgt. Nach Aussage von Amazon bewirkte ein falsch eingegebenes Kommando, dass die S3-Dienste des Anbieters (Simple Storage Service) in einem Rechenzentrum im US-Bundesstaat Virginia für mehrere Stunden ausfielen. In der Folge kam es zu einer Kettenreaktion, sodass unter anderem auch die Dienste Elastic Computer Cloud (EC2), Elastic Block Store (EBS), AWS Lambda und das Starten neuer Instanzen nicht mehr funktionierten.
Die Auswirkungen waren weltweit zu spüren. Unter anderem hatten Docker, Slack, Nest, ­Trello, Adobe, IFTTT und Salesforce zumindest bei Teilen ihrer angebotenen Dienste Probleme. Nach Berechnungen des Plattformanbieters Cyence soll sich der Schaden allein bei Firmen aus dem Standard & Poors 500-Index auf mehr als 150 Millionen US-Dollar belaufen haben - und das innerhalb von nur wenigen Stunden.
Nach Informationen des Traffic-Monitoring-Spezialisten Apica verzeichneten während des Ausfalls 54 der 100 weltweit größten Online-Retailer Performance-Einbußen. So soll die Webseite von Nike 12,3 Sekunden länger zum Laden benötigt haben. Das ist laut Apica eine Steigerung um 642 Prozent im Vergleich zu den ­Ladezeiten, die das Unternehmen wenige Monate vorher gemessen hatte. Aber es gab noch schlimmere Auswirkungen: So benötigte die Webseite des Retailers Target laut Apica 41,6 Sekunden länger, um zu laden (plus 991 Prozent) und die Seite des Disney Stores sogar 94 Sekunden länger (plus 1.165 Prozent). Kaum ein Kunde wird so lange auf eine Antwort warten.

Hustet AWS, bekommen seine Kunden die Grippe

Nach dem weltweit spürbaren AWS-Ausfall und seinen dramatischen Folgen gerät die Zentralisierung vieler Unternehmen auf einige wenige Cloud-Anbieter wieder in die Kritik. Die wichtigsten Player im Cloud-Bereich sind Amazon, Google, IBM und Microsoft. Laut einer Studie von Synergy Research beläuft sich allein der Anteil von Amazon AWS am weltweiten Markt für Cloud-Infrastruktur-Dienste auf rund 31 Prozent, gefolgt von Microsoft Azure mit 11 Prozent. Auf Platz drei liegt IBM mit 8 Prozent, während sich Google mit 5 Prozent auf dem vierten Platz befindet. Google kann aber im Vergleich zum Vorjahr mit einem Wachstum von 162 Prozent beim Umsatz auftrumpfen, während Microsoft seinen Umsatz mit Cloud-Diensten immerhin verdoppeln konnte. AWS steigerte den Umsatz um 53 Prozent, während IBM ein Umsatzplus von 57 Prozent erreichte. Der gesamte Umsatz mit Cloud-Diensten legte laut Synergy ­Research um 51 Prozent zu.
Aber wie sollten deutsche und europäische Unternehmen am besten auf die Zentralisierung reagieren? Kleinere Anbieter mit einem regionalen Schwerpunkt bevorzugen oder doch bei den großen etablierten Playern bleiben? Die Cloud-Anbieter spielen den Ball jedenfalls wieder zu den Kunden zurück und empfehlen eine höhere ­Redundanz. Sie sollen nicht nur Dienste in einer Region buchen, sondern ihre Daten zusätzlich an anderen Orten speichern lassen (siehe Kurzinterview mit Constantin Gonzalez von AWS) - aber das kostet Geld.
Amazon hat eine Reihe von Diensten entwickelt, die den Kunden bei der Verteilung ihrer Daten auf mehrere Speicher­orte (Replikation) helfen sollen. Dazu zählen laut Gonzalez unter anderem die sogenannte S3 Cross-Region Replication, die die Daten des Kunden automatisch mit ­einem Rechenzentrum in einer anderen AWS-Region abgleicht. Der Datenbank-Dienst DynamoDB bietet außerdem die Möglichkeit, einen Transaktionsstrom zu erzeugen, der für die Replizierung von ­Daten in eine andere Region verwendet werden kann. "Mit solchen Bausteinen können Kunden Architekturen aufbauen, die weltweit über mehrere Regionen ­redundant arbeiten und den Ausfall einer ganzen Region tolerieren können", so Gonzalez. Mittlerweile gebe es bereits Kunden, die routinemäßig monatlich den Ausfall einer ganzen Region simulieren, sodass selbst ein größerer Ausfall im ­Regelbetrieb für den Anwender "kaum spürbar" sei. Aber das dürfte nicht jedermanns Sache sein.
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