Die passende Agilität finden

Erst die Strategie

von - 03.03.2017
Bevor ein Unternehmen agiler werden kann, stehen zuerst oft andere Maßnahmen an.
Digitalisierungsstrategie entwickeln: Daran gekoppelt sind eine glaubwürdige Vision und nachvollziehbare Ziele. Ohne Ziele kann es kein Commitment geben, ein agiler Kernwert. Denn Commitment bedeutet, dass sich Mitarbeiter einem Ziel verpflichten.
Werte identifizieren: Hier geht es um die bereits vorhandenen, von allen Mitarbeitern gelebten Werte, nicht um die Werte auf dem Papier. Welche Prinzipien entspringen diesen Werten? Gibt es überhaupt Prinzipien, die wirklich gelebt werden? Ein Prinzip zum Wert „Mut“ wäre etwa „Wir haben Raum zum Experimentieren“.
Teamwork beobachten: Das Unternehmen sollte Dysfunktionen auf Unternehmens- und Teamebene ergründen und so weit wie möglich beseitigen. Vertrauen die Mitarbeiter sich gegenseitig? Nehmen sie sich in die Verantwortung? Gehen sie konstruktiv mit Konflikten um? Selbstorganisation passt nicht in eine Kultur voller Misstrauen und Egoismus.
Führung reflektieren: Das Unternehmen sollte die Reife der Führung erkennen und diese mit geeigneten Maßnahmen weiterentwickeln. Dabei hilft der Agilitäts-Reifegrad-Grid.
Zur Verdeutlichung ein Beispiel: Ein Betrieb besteht seit 50 Jahren. Etliche Mitarbeiter arbeiten seit Jahrzehnten dort und sind Command, Order & Control gewohnt. Führungskräfte verstehen sich als Vorgesetzte, die entscheiden und kontrollieren. Mitarbeiter sehen sich als Angestellte, die einen sicheren Job wollen, um ihre Familien zu ernähren, nicht um sich selbst zu verwirklichen. Keiner traut dem andern.
Svenja Hofert
Geschäftsführerin
Teamworks
www.teamworks-gmbh.de
„Agilität ist weder Einzelmaßnahme noch Methode, sondern eine generelle Haltung.“
In einem solchen Betrieb lässt sich keine Selbstorganisa­tion einführen. Es wäre viel sinnvoller, sich erst einmal mit der Strategie zu beschäftigen. Wo stehen wir und wohin wollen wir? Was lief bisher gut und woran wollen wir anknüpfen? Ein mit einer neuen Strategie eingeleiteter Veränderungsprozess muss alle Mitarbeiter einbinden. Und er muss offen und transparent kommuniziert werden.
Weiterhin darf niemand ein „Ende“ erwarten. Denn die Umgestaltung eines Unternehmens ist nie zu Ende. Insofern sind frühere Change-Modelle (wie das von Kurt Lewin), die nach dem Verändern vom Einfrieren eines bestimmten Zustands ausgehen, heute obsolet. Die Märkte lassen das gar nicht zu.

Agilität braucht Reife

Agilität stellt selbst organisierte Teams in den Mittelpunkt. Mitarbeiter steuern sich über Strukturen, wie sie etwa aus dem agilen Projektmanagement bekannt sind. Wesentlich dazu gehören kommunikative Elemente wie Retrospektiven. Solche Selbstorganisation braucht jedoch ein reifes Unternehmen und reife Mitarbeiter. Ein reifes Unternehmen ist ein Unternehmen, das sich selbst reflektiert. Reife Mitarbeiter identifizieren sich mit den Zielen und sind in hohem Maß bereit, Verantwortung zu übernehmen.
Solche Mitarbeiter haben keine Angst, Fehler zu machen. Sie gehen respektvoll mit Kollegen um. Und sie sind bereit, sich zu einer gemeinsamen, für alle attraktiven Vision zu bekennen. Davon sind viele Unternehmen jedoch meilenweit entfernt. Das Projekt „Aristoteles“, in dem Google effektive Teams untersuchte, brachte zutage, dass in guten Teams nur etwas besonders war: der gegenseitige Respekt – nicht etwa die Stärken der Mitarbeiter oder der Führungsstil.
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