Wie IT Security die Polizei unterstützt

Überwachung vs. Privatsphäre

von - 14.02.2017
com! professional: Apropos Gesetz: In vielen Ländern, so auch in Deutschland, werden die Gesetze in Sachen Überwachung verschärft. Wie stehen Sie zu dieser Ausweitung der Möglichkeiten, beispielsweise der Vorratsdatenspeicherung?
Rösler: Ich bin da sehr gespalten. Einerseits ist es wichtig, dass ich einem mutmaßlichen Täter mit Belegen überführen kann, also genügend Beweismaterial habe. Diese Beweissicherung dauert oft lange. Deshalb ist es meiner Meinung nach sinnvoll, dass die Daten über einen genügend großen Zeitraum gespeichert werden. Mir sind zum Beispiel Fälle von Kinderpornografie bekannt, da konnten Täter nicht verfolgt werden, weil die Daten nicht lange genug aufbewahrt worden waren.
Umgekehrt sammeln vor allem kommerzielle Anbieter meiner Meinung nach zu viele Daten. Wir von Trend Micro leisten beispielsweise viel Aufklärungs- und Sensibilisierungsarbeit an Schulen. Dort zeigen dann die Mitarbeiter meines Teams den Kids mit Hilfe eines Tools – Maltego –  auf, was man alles mit Hilfe der frei verfügbaren Daten von Twitter, zu denen auch Geoinformationen gehören, über einzelne Schüler herausfinden kann. Wenn wir dann aufzeigen, wie einfach es ist, deren Wohnort anhand dieser frei zugänglichen Daten herauszufinden, bringen wir manchen zum Grübeln. In diesem Zusammenhang werden definitiv zu viele Daten gesammelt, die unsere Privatsphäre bedrohen.

Die Rolle des Darknet

com! professional: Sie beobachten auch das Darknet. Wie beurteilen Sie die Lage hier?
Rösler: Mittlerweile ist das Darknet zu einem Hypethema geworden. So "dark" ist das Darknet heute gar nicht mehr. Sie können heute mit einem Tor-Browser ohne Probleme auf Onion-Wikis gelangen und werden staunen, was da alles relativ offen gehandelt wird. Dort finden Sie zehntausende Kleinanzeigen wie auf einer Auktionsseite. Meist handelt es sich aber um redundante Angebote, welche hauptsächlich Drogen verkaufen wollen. Daneben landen Sie auf Hass-Seiten, auf denen sich diverse Leute sehr plastisch ausdrücken und schlicht digitalen Müll produzieren. Echt Kriminelles wie Waffen und Auftragsverbrechen finden Sie hier dagegen nicht mehr, sondern in Foren, die sich unterhalb des Darknet bewegen.
com! professional: Das heißt in dem, was wir als Darknet kennen, ist mittlerweile die Polizei präsent…
Rösler: Darauf können Sie Gift nehmen. Auch Ermittler der Polizei gehen in Darknet-Foren vermehrt auf Patrouille. Die "echten" Kriminellen haben sich somit bereits abgesetzt und bewegen sich in unzugänglichen Foren.
com! professional: Wie muss man sich das technisch vorstellen?
Rösler: Technisch sieht das sehr ähnlich aus wie beim "regulären" Darknet. Der Unterschied ist der, dass Sie nur in die wirklich dunklen Foren kommen, wenn Sie mindestens zwei Leute kennen, die für Sie bürgen. Es läuft also klassisch über Vertrauensbeziehungen. Das Internet hat die Welt nicht neu erfunden, die menschlichen Beziehungen funktionieren hier genau gleich wie außerhalb des Netzes.
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