Datenschutz

Anlasslose Vorratsdatenspeicherung

von - 08.02.2017
Vorratsdatenspeicherung
Foto: Fotolia / bluedesign
Das massenhafte Speichern von Daten fordert Staat und Gesellschaft heraus. Was bei Online-Diensten und im E-Commerce gang und gäbe ist, darf noch lange nicht von staatlicher Seite übernommen werden.
Diese Wortschöpfung muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: „anlasslose Vorratsdatenspeicherung“. Klingt harmlos – jedes Unternehmen und jede Behörde hat schließlich ein nachvollzieh­bares Interesse an der Speicherung von Daten – zu Produkten, Kunden, Verkäufen, zu Bürgern und Einwohnern.
Neue Dimensionen hat das Speichern in den letzten Jahren allerdings durch Fortschritte bei den Speichertechnologien und besonders bei Big Data und Analytics erreicht: Riesige Datenmengen können nun erfasst und sofort, „in Echtzeit“, durchsucht und nutzbar gemacht werden – ein wesentliches Argument auch bei der Etablierung von Technologien für das Internet of Things (IoT).
Bei Marketing und E-Commerce gibt es ebenfalls viele sinnvolle Einsatzzwecke für Big-Data-Techniken, wobei schon allein aus Gründen der Kapazität nach bestimmten Fristen viele Daten wieder gelöscht oder in Archive verschoben werden müssen.
In Unternehmen und bei öffentlichen Institutionen ist es also durchaus sinnvoll, sich die moderne Speichertechnologie zunutze zu machen. Allerdings müssen auch hier Grundwerte wie Schutz der Privatsphäre oder individuelle Zustimmung zum Sammeln von Daten beachtet werden, etwa von Online-Händlern wie Amazon und sozialen Netzwerken wie Facebook.

Vorratsdatenspeicherung ist nicht EU-konform

Etwas anders verhält es sich mit der öffentlichen Sicherheit, wo der Drang zum Datensammeln und private Rechte miteinander kollidieren. Das staatliche Interesse an Vorratsdatenspeicherung sollte sehr genau eingegrenzt und kontrolliert werden – jeder Missbrauch des technisch Möglichen und Machbaren stellt hier die Grundwerte der Gesellschaft infrage. Und die „anlasslose“ Datenerfassung, das wahllose Datensammeln „auf Vorrat“, wird plötzlich problematisch.
Letztlich geht es um das Festlegen von Grenzen durch die Gesellschaft. Wegweisend ist das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), der am 21. Dezember 2016 die „allgemeine und unterschiedslose Vorratsdatenspeicherung“ in den Ländern der Europäischen Union (EU) für unzulässig erklärt hatte und von den Mitgliedsländern entsprechende Entscheidungen anmahnte.
So fordert denn der Provider-Verband eco bereits ein Moratorium, „um die Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung in Deutschland zu stoppen“. Ansonsten bestehe die Gefahr, „ein europa- und verfassungswidriges Gesetz umsetzen zu müssen und damit Gelder in Millionenhöhe in den Sand zu setzen“. Die Debatte müsste sich in jedem Fall sehr konkret mit den Umständen der „anlasslosen“ Datenerfassung auseinandersetzen – wo ist sie noch angebracht und wo prinzipiell nicht. Die IT-Industrie und die Nutzer all der schönen Speicher-Innovationen sind herausgefordert, Stellung zu beziehen.
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