Dr. House

IBM Watson hilft bei der Diagnose

von - 19.10.2016
Cyber Doctor
Foto: Pavel Chagochkin /Shutterstock.com
Seltene Krankheiten zu diagnostizieren ist die Spezialität von Jürgen Schäfer am Universitätsklinikum Marburg. Jetzt erhält der deutsche "Dr. House" Hilfe von IBMs kognitivem Assistenten Watson.
Jürgen Schäfer
Der deutsche Dr. House: Jürgen Schäfer hofft dank Watson 6000 noch ungelöste Fälle zu diagnostizieren.
(Quelle: Jens Stark)
Jürgen Schäfer kann als deutscher "Dr. House" durchgehen. Wie das Vorbild in der US-Fernsehserie sind sein Team und er auf seltene Krankheiten spezialisiert. Seit 2013 behandeln sie am "Zentrum für unerkannte und seltene Erkrankungen" (Zuse) des Universitätsklinikums Marburg Patienten, die zum Teil Jahre und Jahrzehnte von Arzt zu Arzt gereicht werden, ohne eine zufriedenstellende Diagnose auf ihre Krankheit erhalten zu haben. "Viele unserer Patienten haben eine lange Krankengeschichte und bringen uns fünf Kilo schwere Dokumentenstapel von früheren Untersuchungen mit", berichtet Schäfer. Hier den fehlenden Link zu finden, der zur korrekten Diagnose führt, gleicht somit der sprichwörtlichen Nadel im Heuhaufen.

IBMs "Dr." Watson

Doch jetzt erhalten die Ärzte am Zuse mit dem kognitiven System Watson von IBM einen digitalen Assistenten, der ihnen helfen soll, schneller die Ursachen der seltenen Krankheiten zu erforschen und die Warteliste von mittlerweile 6.000 Ratsuchenden zu verringern, wie im Rahmen eines Medientags des IBM-Forschungslabors in Rüschlikon bei Zürich bekanntgegeben wurde.
In einem zwölfmonatigen Pilotprojekt hat das Marburger Team die Fähigkeiten von Watson geprüft, indem sie das System mit Material von bereits gelösten Fällen fütterten und die Diagnosen des digitalen Kollegen beurteilten. Was Watson ausspuckte, hat offensichtlich die Ärzte am Zuse überzeugt, sodass sie das System nun für aktuelle Fälle einbeziehen wollen.

So geht Watson vor

Und so geht Watson vor: Zunächst führt das System eine Textanalyse der Patientenbriefe vor. Dabei isoliert die natürliche Sprachanalyse nicht nur die Symptome, sondern "versteht" auch, welche Medikamente verabreicht wurden. Doch damit nicht genug: Das System extrahiert aus der Kankengeschichte auch, welche Diagnosen ausgeschlossen werden und welche Medikamente der Patient nicht verträgt.
Neben dieser Analyse wertet Watson auch seine vorhandene Wissensbasis aus. Diese besteht aus diversen Quellen wie medizinischen Anthologien und Datenbanken, aber auch aus Beiträgen auf Wikipedia. "Daneben wird Watson laufend mit medizinischen Publikationen gefüttert", berichtet Matthias Reumann vom IBM-Forschungslabor Rüschlikon, und weist darauf hin, dass in diesem Fachbereich derzeit zwei Artikel pro Minute veröffentlicht werden.
Neben der Wissensbasis haben die Zuse-Ärzte auch einen Online-Fragebogen mit 1.200 Fragen entwickelt, der strukturierte Informationen liefert.
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